Es ist nicht für die Menschen.

Ein sehr guter, sehr kluger Freund von mir sagt sehr oft, weil sich dauernd Gelegenheit dazu bietet:

„Es ist nicht für die Menschen.“

Jedes Vorgehen, jede Entscheidung über das öffentliche Zusammenleben und Wirken von Seiten der Politik muss sich der Frage unterwerfen: „Ist es für die Menschen?“ Da sie Volksvertreter sind, muss die Antwort stets „ja“ lauten.

Gestern eine kaum durchschaubare Entscheidung zur Netzneutralität. Die Nachrichten vermelden: „EU sichert Netzneutralität“, Online-Medien „EU schafft Netzneutralität ab“. Wenn Entscheidungen so auslegbar sind, sind sie nicht für die Menschen.

Man möchte einen Flughafen bauen. Man sucht sich einen Standort aus, der an den Startbahnenden besiedelt ist. „Eine politische Entscheidung für den Standort.“ Ist es für die Menschen? Nein. Wenn man schon betonen muss, dass es eine politische Entscheidung sei, hat man bereits aufgegeben, dass es eine Entscheidung für den Menschen sein könnte. Denn dann hätte man dieses Erklärungsadjektiv „politisch“ gar nicht gebraucht.

Brandschutz. Man bekommt einen Flughafen (am falschen Standort) nicht in die Gänge, weil (überwiegend) der Brandschutz nicht in den Griff zu kriegen ist. Sind die Brandschutzbestimmungen wirklich für die Menschen (so viele Großbrände gibt es ja nicht), oder baut man eher gegen den finanziellen Katastrophenfall der Versicherer? Ist es für die Menschen? Nein.

Eine 350 m lange, extrem kaputte Hauptstraße in meinem Viertel wird nach Jahren des Wartens erneuert. Das soll rund 3 Jahre dauern. Man schafft also gut 30 cm am Tag. Ist es für die Menschen, ein bisschen Baukosten zu sparen, weil man den billigsten Anbieter genommen hat, aber nun stehen jahrelang Tausende Menschen im Stau? Nein. (Nebenaspekt ist, dass im Stau Stehen volkswirtschaftlich gesehen auch schädlich ist.)

Staatsunternehmen, die den Grundbedürfnissen der Menschen dienen (ÖP(N)V, Wasser, Energie) werden privatisiert. Wenige können nun Gewinne aus den Unternehmen absaugen. Ist das für die Menschen? Nein.

Da wird über ein Freihandelsabkommen verhandelt, aber alles geschieht hinter verschlossenen Türen. Das macht man nur, wenn man etwas zu verbergen hat. Ist das für die Menschen? Nein.

Die Bevölkerung steht unter Generalverdacht, angeblich Terroranschläge zu planen, weswegen man ihre gesamte elektronische Kommunikation überwachen und speichern muss. Ist das für die Menschen? Nein.

Ist es für die Menschen, wenn man behauptet, alle seien vor dem Gesetz gleich, aber irgendwie stimmt das nicht, weil nicht alle überall hinreisen dürfen, wohin sie wollen, um dort ihr Glück zu versuchen, solange sie nicht unter Lebensgefahr geflohen sind, was sie auch noch nachweisen können müssen?

Auch wenn ich alles andere als Fußballfan bin: Ist es für die Menschen, wenn man sich Gelder hin- und herschiebt, um Werbeeinnahmen zu maximieren (das Geld kommt letztlich von den Fans) und um Tourniere in politisch fraglichen Systemen auszutragen?

Ich würde mir wünschen, dass sich Entscheider wieder öfter unvoreingenommen, unbeeinflusst und unabhängig die Frage stellen:

„Ist es für die Menschen?“

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Datum: Mittwoch, 28. Oktober 2015
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