10 Sekunden reichen, wenn's gekracht hat.

Da hat mich doch der Probefahrer angetriggert,

und ich glaube, ich muss da mal was klarstellen. Denn, bezugnehmend auf den Lawblogger schreibt Alex weiter:

O2 will Versicherungskonzernen die Technologie anbieten, mit denen die Fahrdaten von Autofahrer per BlackBox im Auto aufgezeichnet und versendet werden können. Dafür können dann bsw. die Versicherungen den teilnehmenden Kunden Rabatte einräumen.
Unfall-Analytiker wie willsagen würden sich darüber sicher freuen.

 

Also, Moment mal.

Mir liegt nichts daran, dass Versicherungen Bewegungsprofile ihrer Kunden aufnehmen. Und da gebe ich Vetter natürlich recht, dass die Datensammelei genau darauf hinauslaufen würde. Für eine Unfallrekonstruktion dahingegen würden die Daten wahrscheinlich eher nicht reichen. Vielleicht als zusätzliche Informationen, aber wenn es darauf ankommt, sind irgendwelche GPS-und Funkzellen-Daten dann doch nicht zu gebrauchen, weil es eben nicht auf eine Geschwindigkeit irgendwann vor dem Unfall ankommt, sondern auf den Punkt, an dem sich die Gefahr verdichtet. Da reden wir meistens von nicht mehr als 3 Sekunden vor dem Unfall, aber wir reden auch von Daten, die man eher Zehntelsekunden- als Sekundengenau haben müsste.

Ich schrob dem Probefahrer über Twitter

140 Zeichen sind dann doch etwas (aber nicht viel) zu wenig, für das, was sich ein Unfallanalytiker wünscht. Erstens interessiert mich nicht, wie schnell eine Person gefahren ist, sondern das Auto. Wer darin saß, ist mir wurscht. Das sind dann andere Fälle, in denen man herausfinden soll, wer gefahren ist. Da nützen einem Bewegungsprofile von z. B. sich zwei identisch bewegenden Handys auch nichts.

 

Was wünsche ich mir also?

Mal vorausgesetzt, der Unfall wurde einigermaßen vollständig aufgenommen. Also, Endstellungen sind fotografiert worden, vielleicht auch ein paar Splitterfelder eingemessen worden. Mit ganz viel Glück hat man möglicherweise auch Spuren gesichert, die auf den Kollisionsort hinweisen oder über Schleuderbewegungen informieren. Dann reichen einem im Grunde relativ wenige Informationen den gesamten Zeitraum betreffend, aber bitte mit einigermaßen guter zeitlicher Auflösung (vulgo Messfrequenz). Für letztere wäre man schon mit 50 Hz ganz gut bedient. Mehr ist natürlich besser, aber man will ja nicht unverschämt sein.

Der Moment, wenn sich die Gefahr verdichtet, liegt meistens 1 bis 3 Sekunden vor dem Unfall. Wenn man dann noch 2 Sekunden dazunimmt, hat man eigentlich für fast alle Fälle genügend Aufzeichnungszeitraum. Nach einem Unfall dauert es etwa genauso lange, bis alles zum Stehen kommt, nehmen wir also auch wieder 5 Sekunden. An Messdaten reichen erst mal die Bewegungsgeschwindigkeit des Fahrzeugs sowie Längs- und Querbeschleunigung. Mit den neuen Assistenzsystemen, die sich immer stärker in das Führen eines Fahrzeugs einmischen, sollte man auch noch wissen, wann irgendwelche Assistenten angesprochen haben, um unterscheiden zu können, ob meinetwegen der Fahrer vor den Baum gelenkt hat, oder ob der Gegenverkehrausweichassistent der Meinung war, es wäre ne gute Idee, nicht in den 40-Tonner im Gegenverkehr, sondern vor die deutsche Eiche am rechten Rand zu fahren. Dann haben wir es mit immer sensibleren Scheinwerfern zu tun. Da klappen irgendwelche Klappen rauf und runter, gehen Lämpchen aus und an, schwenken Reflektoren in der Gegend herum: Keine Chance, im Nachhinein nachvollziehen zu können, ob das System den Fußgänger am Fahrbahnrand ausgeblendet hat, weil sich zufällig auf einer Seitenstraße ein anderes Fahrzeug mit für den Assistenten erkennbarem Licht näherte, oder der Fahrer einfach mal das Licht ausgeschaltet hat, mal ganz abgesehen davon, dass man die dynamische Schaltung des Lichts nicht manuell für Sichtuntersuchungen schalten kann. Daran hat wieder keiner gedacht.

Usw. usw.. Das sind aber alles keine personen-, sondern fahrzeugbezogene Daten. Genauso, wie man früher die Länge von Brems- und den Radius von Driftspuren im öffentlichen Verkehrsraum vermessen hat, die Verformung von Glühwendeln und Spuren an Sicherheitsgurten gesichert hat, muss man nun eben wissen, was die Elektronik so getrieben hat.

 

Wann ist „Unfall“?

Ein Problem gibt es noch: Wann genau ist der Unfallzeitpunkt? Wenn es richtig kracht, ist das einfach: Wenn die Airbags auslösen, setzt man t=0. In dem Ringspeicher werden die 5 Sekunden alten Daten in einen Speicher geschrieben und noch weitere 5 Sekunden aufgezeichnet. Aber z. B. ein streifender Fußgängerunfall: Dramatisch in den Folgen, kaum zu detektieren für die Systeme. Da muss man sich noch was einfallen lassen. Gibt es einen Fußgängerunfallvermeidungsassistenten, kann der das ja machen. Nunja, und wenn der Autofahrer meint, er hat alles richtig gemacht, soll er auch einen Knopf für manuelle Speicherung bekommen.

 

Gibt’s schon.

Das simple Aufzeichnen von Daten als Angebot der Versicherung im Tausch gegen Beitragsrabatte, ist übrigens nichts neues: Die Axa-Winterthur bietet das in der Schweiz schon seit ein paar Jahren an. Von dieser Blackbox, die autark arbeitet, werden einfach nur ein paar rudimentäre Daten aufgezeichnet, die aber sehr hilfreich sein können.

Btw.: Hier hat ich mich auch schon mal zum „gläsernen Autofahrer“ geäußert.

Autor:
Datum: Donnerstag, 18. April 2013
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Ein Kommentar

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    […] sagen10 Sekunden reichen, wenn’s gekracht hat.Da hat mich doch der Probefahrer angetriggert, Was müsste man Euch bieten, damit Ihr Eure […]

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