Fiat 500: Kombi-Story

So wurde er angeliefert.Mein Vater verlieh seinen japanischen Familienkombi irgendwie nicht so gern. So kam’s, dass schon zehn Tage nach der Führerscheinprüfung ein eigener Wagen her musste. Aber was für einer? Ein Fiat 126, wie ihn ein Mitschüler (Andreas K.) fuhr? Im Prinzip nicht schlecht, aber, oh nee, der war mir zu hässlich. Eine Ente? Die rangierte damals mit 29 PS schon in der nächst teureren Versicherungsklasse. Also, was tun? Zufällig hatte mir mein Vater die „Markt“ von 1/88 mit dem Titelthema „Fiat 500″ mitgebracht. So einer musste her.

Dann gings zur Sache.

Und schon hatte ich im Heißen Draht einen gefunden. Toll, 2 Jahre TÜV und mit Faltdach. Damals wusste ich noch nicht, dass 500’er ohne Faltdach absolute Raritäten sind…

Wir machten uns gegenseitig fertig. Ich traktierte sein Getriebe (keiner konnte mir so recht erklären, wie das mit Zwischengas und Zwischenkuppeln ging), er dankte es gleich in den ersten zwei Monaten mit Motorschaden und Bremsanlagentotalausfall.

Prost Neujahr!Nach zahlreichen Stunden in und unter ihm waren die Tage von meinem ersten fahrbaren Untersatz gezählt. Im Laufe der Jahre waren ihm irgendwie der Blattfederträger und das vordere Stehblech abhanden gekommen, es war halt ein Fiat 500 R – R wie Rost. Daher beschloss ich, mich bei Zeiten nach etwas neuem umzusehen. Ein Fiat 500 – dieses Vernunftauto par excellence – sollte es auf jeden Fall wieder sein.

Alte Front ab…Während meines Studiums in Hannover hatte mich ein weiteres Hobby in seinen Bann gezogen, die Musik. Tja, und entweder konnte der Gitarrist unserer Band mitfahren oder mein Bass. Da der Gitarrist auch der Meinung war, ich solle zu den Proben lieber meinen Bass mitnehmen als ihn, holte er mich meistens ab.

…neue Front dran.Aber dieser Zustand sollte sich ändern, denn ein Kombi sollte es nun sein, ein Fiat 500 Kombi natürlich. Kenner sagen weltmännisch Giardiniera oder gar Giardinetta zu ihm, aber das war mir viel zu mondän, für mich war es einfach ein Kombi, eben mein Kombi und dabei ist es auch geblieben. Kurz vor Weihnachten 1994 wurde er vom Vorbesitzer gebracht, da er dringend Platz in der Garage brauchte. Glücklicherweise gab es an der Uni Hannover den Fiatkeller, die wohl einzigartige Einrichtung der Cooperativa Cinquecento, dieser akademischen Hochschulgruppe, die sich um Pflege und Aufzucht der Turiner Asphaltblasen kümmerte. Irgendwie war auch die Wahl meines Studienortes nicht zufällig auf Hannover gefallen…

Bleimennige…gut und giftig.Den Fiatkeller konnte ich prima für mein Auferstehungsprojekt nutzen. Denn obwohl draußen eine winterlich-steife Brise wehte, war es drinnen kuschelig warm. Der Anschluss an die Zentralheizung der Uni machte es möglich. So wurde schnell eine Bestandsaufnahme gemacht und für kleines Geld flugs alles notwendige von einem ostwestfälischen Fiat-Ersatzteillieferanten besorgt. Oberstes Ziel war, meinen Kombi schnell durch die Vollabnahme zu bringen, daraufhin sollte sich dann eine „rolling restauration“ anschließen.

Diese Pracht!Der kleine Kombinationskraftwagen hatte sein erstes Leben auf einem Schrottplatz in der Nähe von Venedig ausgehaucht. Und das hatte auch seinen Grund. Die Durchrostungen störten die Südländer anscheinend nicht weiter, aber wenn ein Auto nicht mehr richtig bremst und lenkt, fängt man wohl doch an, sich Gedanken zu machen. Der Gipfel der Frechheit ist allerdings, wenn der Motor eines Autos nicht mehr läuft. In der Summe war es damit um ihn geschehen. Ich hatte ja schon einiges vom furchtbaren Ölschlamm gehört. Man könnte sagen, der Motor ist an einer Art Ölbröckchenembolie gestorben, jedenfalls waren diverse Ölleitungen verstopft, so dass einige Lager und der Ventiltrieb nicht mehr mit dem Saft des Motorlebens versorgt wurden. So wurde mein Kombi seinerzeit sein erstes (und vorerst letztes mal) zu Grabe getragen.

Letztlich war also das volle Programm zu bewältigen. Blech und Technik tutti completti, oder wie das heißt.

Der alte steuerte auch seinen Anteil bei.Da ich seinerzeit nicht vor hatte, für den rüden Stadtverkehr Tausende von Marken in eine Hochglanzlackierung zu investieren, was ich mir als Student auch gar nicht erlauben konnte, entschloss ich mich, die Blecharbeiten so durchzuführen, dass später die Möglichkeit bestand, ohne viel Spachtel eine Form in das Auto zu bringen, wenn es erst mal in der Garage des Eigenheims steht und sich dann eine Lackierung lohnt.

So ging’s zum TÜV.Daher wurden einige Bleche, wo es sinnvoll ist, stumpf eingeschweißt, z.B. der Teilersatz der Radläufe. Auch andere Karosseriebereiche buhlten um Erneuerung, so die Vorderkotflügel mit Innenradhäusern, Frontblech, Schweller und natürlich die Bodenbleche. Hier wurde einer alten Tradition der Cooperativa Cinquecento gefrönt: „Ins neue Jahr schweißen“. Mit einem Döner vom nahen türkischen Imbiss und einer Feuerzangenbowle wurde das neue Jahr von meinem Freund Andreas, seiner Freundin Astrid und mir stilvoll begrüßt – und auch ein neues Bodenblech, das mich in Zukunft etwa zwanzig Zentimeter über dem Boden der Tatsachen tragen sollte.

Der Alltag war hart.Die weiteren Karosseriearbeiten konzentrierten sich auf die Verwirklichung einer möglichst umfangreichen Alltagstauglichkeit. So sollte in Zukunft die Kombination aus guter alter Bleimennige, Hohlraumversiegelung und der Abdichtung aller Blechstöße und Überlappungen im Unterbodenbereich vor neuem Ungemach schützen. Überzogen wurde das Auto von unten mit einer weißen Lackschicht. Dies kann ich Nachahmern nur empfehlen. Erstens ist es viel heller unterm Auto, wenn man mal wieder zum Schrauben drunter liegt und zweitens erkennt man jeden Ansatz der braunen Pest schon von weitem.

Weiter ging’s mit der Bremse, die auf die selbstnachstellende Anlage vom Fiat 126 Bambino (als Teileträger sind sie ja zu gebrauchen) umgerüstet wurde. Sämtliche Bremszylinder, Schläuche und Leitungen wurden selbstredend auch erneuert, Kompromisse wollte ich schließlich bei der Technik nicht eingehen, was bei den Ersatzteilpreisen auch ziemlich dumm wäre. Daher wurde auch die Lenkung vollständig revidiert.

Bremer Treffen - Immer eine Reise wert.Glücklicherweise litt der Vorbesitzer wohl dermaßen unter seiner Platznot, dass er mir auch gleich sämtliche noch bei ihm herumliegenden Teile mit ins Auto gelegt hatte. Daraus konnte ich mit dem vormals eingebauten Ölklumpen, der in grauer Vorzeit das Auto wohl mal angetrieben hatte, einen lauffähigen Motor zusammenschrauben. Das Getriebe verlangte nach neuen Dichtungen und Antriebswellen, die es auch bekommen sollte.

In Holland bei Hans war’s aber auch schön.Irgendwie war das Studium sowieso gerade ziemlich langweilig, so dass ich mit den Arbeiten an meinem Kombi zügig vorankam. So hatte ich auch bald die Elektrik durch teilweise Erneuerung und Verbesserung im Griff (man glaubt gar nicht, wie hell die kleinen Scheinwerferchen sein können, wenn man ihnen Dank Relais die Extraportion Volt verabreicht, um damit die ohmschen Verluste im Lenkstockschalter auszuschalten).

N-Verdeck zu kurz? Kein Problem, umdrehen und auf´n Kombi bauen - prima Dachfenster!Als die ersten Sonnenstrahlen den März ankündigten, krochen wir dann aus unserer Werkstatt und konnten die ersten Runden auf dem Uni-Parkplatz drehen. Ja, fahren tut er, und bremsen tut er, und die Hupe tutet auch. Also nichts wie hin zum TÜV.

Dort waren die Gesichter leider nicht so fröhlich wie meines anlässlich der ersten überstandenen 150 km. Schließlich wollte ich übers Wochenende zu meinen Eltern ins Osnabrücker Land fahren.

Was nicht reinpasst, kommt auf’s Dach!Da ich mit dem dortigen TÜV gute Erfahrungen gemacht hatte und die Hannoveraner TÜV’ler unter den 500’er-Fahrern als „scharfe Hunde“ galten, wollte ich also mit Sack und Pack erst zum TÜV in Osnabrück und dann zu meinen Eltern fahren. Hatte ich mir so gedacht. Doch die Minen, die mich dort freitags um halb zwölf, also wohl kurz vor Feierabend, begrüßten, machten mir nicht all zu viel Hoffnung. „Jetzt noch `ne Vollabnahme? Bei der Kiste?“ Vielleicht lag es auch daran, dass ich mich entschlossen hatte, zunächst nur die neu eingeschweißten Blechteile zu lackieren. Auf dem Rest war ja noch Farbe drauf. Doch die entstandene Zwei- bis Dreifarblackierung, einer Mischung aus weiß in unterschiedlichen Schattierungen und dem frischen RAL-Farbton „blau-grau“, so sollte einmal das ganze Auto werden, erweckte nicht gerade Begeisterungsstürme. Ich konnte die dennoch freundlichen Herren dazu überreden, einen Blick unter das Fahrzeug zu werfen.

Jetzt weinrot!Da hatte ich das Eis gebrochen. Diese Pracht. Ein schneeweißer Unterboden mit herausquellender Hohlraumversiegelung. Drumherum drapiert überholte Achs- und Lenkungsteile und mitten durch schlängelten sich glänzend die neuen Bremsleitungen. Ja, da war der neue Fahrzeugbrief auch dank mitgebrachter Literatur und anderer Briefkopien schnell ausgefüllt. So konnte ich tatsächlich am nächsten Montag den Weg zur Zulassungsstelle antreten.

So ging das erste Jahr ins Land. Das mit der „rolling restauration“ klappte hervorragend. Nach und nach wurde hier und da verschönert und erneuert, was an Kleinkram so übrig geblieben war. Aber eines ist mein Kombi bis heute geblieben. Ein Alltagsauto, das in vielen Dingen der Originalität zum Trotz bedarfsgerecht verändert wurde (tiefer, schneller, lauter…).

Eines Tages begab es sich dann, wie bei vielen Männern zwischen Mitte Zwanzig und kurz vor dreißig, da trat eine Frau in mein Leben. Tja, er (der Fiat) oder sie? Diese Frage blieb mir zum Glück erspart. Schon bald wurde ein Hochzeitstermin festgelegt. Und natürlich auch das Hochzeitsauto. Also, ihr Opel Corsa war’s nicht…

Es gab nur ein Problem bei meinem Auto. Diese Farbe(n)! „Hausmeistergrau“ nannte sie den vorgesehenen Farbton, das klang nicht besonders nett. Grünlich sollte er werden mit etwas blau, aber nicht zu kräftig, eher mit einem leichten Hauch von einem Grauschleier. Gesagt, getan, und eine Farbkarte herausgesucht. Da stand sogar, wie man die Farbe anmischt. Ein Topf hiervon und ein Topf davon. Na prima! Das hätte prima geklappt, wenn wir denn ein kräftiges türkis hätten haben wollen. Egal, die Zeit drängte, noch zwei Wochen bis zum Jawort.

Nun, wer sein Auto günstig, also richtig günstig mit passablem Ergebnis lackieren möchte, sollte es mal mit der Rolle probieren. Auf jeden Fall war unser Kombi für 55,- DM komplett lackiert. Und es sieht besser aus, als schlecht gespritzt, und die richtige Lackierung sollte ja sowieso erst später kommen (wenn erst mal der Garagenstellplatz vorhanden ist).

Ja, was soll ich sagen, der Kombi hält noch immer und auch unsere Ehe. Durch den Alltagsbetrieb, dem er besonders bis zum Ende meines Studiums ausgesetzt war (ja, einen Abschluss habe ich doch noch gemacht), hat er natürlich gelitten, und auch die ersten Rostbläschen zeigen sich nach den Jahren hier und da. Aber die Garage ist inzwischen fertig, und demnächst ist er dran… …wenn erst mal der 58’er Fiat 500 N restlos fertiggestellt ist. Genau, der, den ich damals im zweiten Semester, lange vor dem Kombi gekauft hatte und der eigentlich schon sieben Jahre länger fahren sollte…aber das ist eine andere Geschichte.

-Schnitt-

Inzwischen hatten wir das Millenium überstanden, die ersten Jahre im Job, Hausbau usw. Auch eine Werkstatt war vorhanden, der N lief. So konnte also die „Operation Kombi“ ein zweites Mal starten. Die Arbeiten zehn Jahre zuvor waren von guter Qualität gewesen, musste ich doch nun nur ein paar Stellen schweißen, die damals schon knusprig aussahen. Allerdings machten diese Stellen auch richtig Arbeit: Scheibenrahmen vorn und hinten, C-Säule, noch ein paar Stellen an den Radläufen, wo noch altes Blech steckte.

Diesmal gab’s ne schönere Farbe: Weinrot war angesagt. Die Lackierung ist nicht hochwertig, aber okay. Schließlich sollte es kein Auto werden, mit dem ich mich nicht mehr traue, zu fahren.

Glücklicherweise ist das Auto noch rechtzeitig vor den Plänen, nach Berlin zu wechseln, fertig geworden. Inzwischen musste ich ein H-Kennzeichen dranhängen, damit ich ab und zu mal ein paar Meter in der unsinnigen „Umweltzone“ fahren darf. Eigentlich sollte er noch eine große Karriere vor sich haben, als Elektromobil! Aber daraus wird dann wohl doch nichts. So leistet er brave Dienste für Einkaufsfahrten oder das Wegbringen von Gartenabfällen. Ab und zu wird auch mal zeitgenössisches Zweiradblech angehängt.

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Datum: Donnerstag, 31. Januar 2008 22:09
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5 Kommentare

  1. 1

    […] ist auch die Kombi-Story samt kleiner Fortsetzung wieder auferstanden. Ich meine, diesmal passen die Fotos auch besser in […]

  2. 2

    Habe auch den Plan, unsere Giardiniera auf ektrischen Antrieb umzubauen. Sind bei dir die Pläne schon etwas konkreter?
    Grüße
    Martin

  3. 3

    Nein. Die Pläne sind derzeit so ziemlich ad acta gelegt. Alles zu teuer, und leichte Akkus (LiPo) haben m. E. auch noch Qualitätsprobleme.

  4. 4

    Hallo,
    guten Abend,
    Ich lebe und ich Liege wieder Giardiniera
    Es fehlt die Teile der Heizungsventil A4.07 Seitennummer
    4054401. Können Sie mir die Dimensionen der Teile danken Ihnen im Voraus

  5. 5

    Hallo,

    ich weiß nicht genau, was du meinst. Hier gibt es das Thermostat:
    https://webshop.fiat500126.com/katalog/artikelinfo/697/thermostat
    Die Abmessungen habe ich nicht parat. Sorry.

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