Leica M9-P

Uff. Man muss schon etwas verrückt sein.

Leica M9-PDie meisten fragen sich (oder mich): Warum tut man sich das an? Eine Kamera ohne Autofokus, für die es (bis auf eine Ausnahme) keine Zoomobjektive gibt, ohne eingebauten Blitz, die nicht mal einen besonders lichtstarken bzw. rauscharmen Sensor hat, eine Kamera, mit der man von den meisten Foto-Kennern als Spinner abgetan wird. Und letzteres trifft auf mich sicherlich zu. Was soll ich damit? Bin ich Fotograf? Ok, ich fotografiere beruflich viel und dabei lege ich eben auch wert auf hohe Bildqualität. Und ich habe in den letzten Jahren mehr und mehr Spaß am Fotografieren, nun also am archaischen Fotografieren gefunden.

Erste Erkenntnis: Wenn das Foto nichts geworden ist, liegt es nicht an der Kamera, sondern am Bediener. Wenn das Foto aber was geworden ist, kommt schnell der „Wow“-Effekt auf. Knackscharf. Dieser Begriff muss wohl für die Leica-Objektive erfunden worden sein. Und genau da sind wir schon beim entscheidenden Punkt: Die Objektive sind einfach der Hammer. Ich habe nun ein 35 mm 1:1,4 Summilux und ein 92 mm 1:2,8 Elmarit-M zur Verfügung. Apropos Objektiv: Wenn das 35mm 1:1,4 nicht lieferbar gewesen wäre, hätte ich wohl erst mal auf die ganze Kamera verzichtet. Man muss ja nicht glauben, dass man so etwas einfach so kaufen kann. Ein Anruf im KaDeWe ergab, dass der Verkäufer in der Fotoabteilung nach 5 Monaten Wartezeit gerade dabei war, eines auszupacken. Das hat man mir freundlicherweise zurückgelegt. Ein älterer Herr hätte es wohl stante pede gekauft – kurz nach meinem Anruf. Einen Body hatte man übrigens nicht da. Dafür konnte ich mir bei Meister-Camera in der Fasanenstraße die Farbe aussuchen. Dort wiederum hatte man eine ellenlange Warteliste für das 35 mm Summilux. Wow…

Schon nach kurzer Eingewöhnung habe ich gemerkt, dass ich auf Zoom-Objektive ziemlich problemlos verzichten kann. Zu der Kamera gibt es zwei Lightroom-Lizenzen. Damit kann man die 18-Megapixel-Bilder prima nachbearbeiten und eben auch ohne schlechtes Gewissen Ausschnitte vergrößern. Auf den ersten Eindruck des Displaybildes sollte man sich übrigens nicht verlassen: Da wird nämlich z. B. die Rauschunterdrückung nicht angewendet. Vor allem Bilder mit höheren ISO-Werten sehen in der Voransicht furchtbar aus! Das legt sich dann aber am Rechner.

Bammel hatte ich ja vor dem sog. Messsucher. Über eine zweite Optik wird in den Sucher ein Bildausschnitt eingespiegelt, der in einem rechteckigen Feld in der Mitte des Suchers mit dem großen Sucherbild überlagert wird. Visiert man z. B. eine vertikale Kante an, kann man mit dem Fokusring die beiden Bilder deckungsgleich übereinander schieben. Dann ist es genau auf den Punkt scharf gestellt. Kein Thema! So ähnlich wie der Schnittbildindikator, den die älteren unter uns noch von den früheren Spiegelreflexkameras kennen. Damit haben wir damals(tm) schließlich auch scharfe Bilder geschossen. Wo mich der Autofokus meiner Nikon schon mal verlassen hat und das Objektiv lustig hin- und herpumpt, drehe ich nun wieder selber, wie ich das mal gelernt habe. Ich will das nicht als das Nonplusultra darstellen, aber man kann gut damit zurecht kommen. Selbstredend haben gute Autofokussysteme auch mehr als nur eine Daseinsberechtigung. Allerdings ist das manuelle Scharfstellen an Autofokus-DSLR-Objektiven in der Regel weniger als eine schlechte Krücke. Dafür ist das Komponieren eines Fotos ein Genuss der Sinne: Scharfstellen, Blende mit einem richtigen, rastenden Ring wählen, stillhalten und dann dem Auslösegeräusch lauschen. Erst macht es „klack“, dann „sssssssst“. Im „Diskret-Modus“ kommt das „ssssssst“ erst, wenn man den Auslöser wieder loslässt. Manchmal habe ich schon gedacht, müsste gar keine Speicherkarte in der Kamera sein. Allein der Moment der Aufnahme ist schon ein Erlebnis!

Leica M9-PUnd so knippst man fröhlich drauf los mit einer Kamera in der Hand im Gegenwert eines kleinen Kleinwagens (mit Objektiv…). Es soll Leute geben, die die Kamera vom Laden gleich in die Vitrine verfrachten. Nicht mit mir! Ein paar Macken werden da nicht ausbleiben.

Wo andere über 100%-Sucher ihrer DSLR fabulieren, habe ich natürlich erst mal das Nachsehen. Der Bildausschnitt ist eben nicht genau der, der mit Leuchtbalken im Sucher angezeigt wird. Aber eben so etwa. Dafür kann ich aber sehen, was außerhalb meines Motivs passiert. Rennt mir gleich einer ins Bild? Ich sehe das. Will ich noch warten, bis sich irgendwas interessant voreinander schiebt? Kein Thema. So kann man sich den Messsucher schönreden. Der Blick durch eine DSLR ist eben echt nicht zu verachten. Aus meiner Sicht kommt es aber darauf an, was man will. Mir ging es um eine (möglichst) kleine Kamera mit herausragenden Leistungsmerkmalen, Wechselobjektiven und Vollformatsensor. Tja, und da ist die Luft dünn.

Ich finde die Farbwiedergabe übrigens natürlicher als von meiner Nikon D5000. Die macht poppigere Farben. Beides hat seine schönen Seiten. Die Leica-Bilder wirken auf jeden Fall sehr ausgewogen, finde ich.

Das Schöne an der Leica ist außerdem, dass sie so unauffällig ist. Wer sich nicht auskennt, meint, ich würde mit der Nachkriegsknippse meines Opas fotografieren, die er auf dem Schwarzmarkt gegen drei Pfund Kartoffeln getauscht hat. Man wirkt auf der Straße, wo ich gern fotografiere, nicht so bedrohlich wie mit einer Spiegelreflexkamera. Kurz: Ich mag die Leica! Es ist ein tolles Stück Technik. Ob sie das Geld wert ist, kann man ich nicht sagen. Für das gleiche Geld bekommt man eine hervorragende Nikon D3 nebst feinsten Linsen. Wenn ich das gewollt hätte, hätte ich jetzt sowas. Wollte ich aber nicht.

Hier mal ein paar meiner „Übungsbilder“:

Fiat 500 Ostsee Treffen "Kieler Treffen" 2011

Meilenwerk Aug 2011

Fiat 500 Ostsee Treffen "Kieler Treffen" 2011

Fiat 500 Ostsee Treffen "Kieler Treffen" 2011

Hängeschalen

Akademie der Künste

Geld her

Meilenwerk Aug 2011

Meilenwerk Aug 2011

Fiat 500 Ostsee Treffen "Kieler Treffen" 2011

 

Geht doch, oder?

 

Autor:
Datum: Mittwoch, 10. August 2011
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4 Kommentare

  1. 1

    Geht doch? Ich find‘ die ziemlich schick! Als ich die Preisbeschreibung gelesen habe, dachte ich noch an meinen gebrauchten Kleinwagen – nach dem googlen gerade, musste ich doch ein bisschen schlucken 😉 Da komme ich mir ja fast geizig vor, wenn ich für die Fujifilm X100 schwärme und mich der Preis abschreckt 😮

  2. 2

    Die FujiX100 finde ich auch toll, in einigen Punkten ist sie bestimmt sogar besser als die Leica.
    Aber:
    – kein Vollformatsensor
    – keine Wechselobjektive

    Tja, und was den Preis betrifft, muss man sich u. U. zuvor von etwas liebgewonnen, wertvollen trennen.

  3. 3

    Sehr schön! Ich hatte mich auch schon an der Schärfe der Bilder erfreut, die du im Forum gepostet hast!

    Klasse!

  4. 4

    […] bereue ich den Verkauf immer noch nicht. Immerhin konnte ich die Fotos schon mit meinem “Trostpflaster” […]

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