Samstag, 17. Mai 2014 12:29
Ja. Ich bin böse. Ich bin kein bedingungsloser Datenschutzverfechter und außerdem habe ich eine Dashcam im Auto, die ja von einigen Juristen, darunter auch vom Lawblogger Udo Vetter, gegeißelt wird. Seit dem Meteroriteneinschlag in Russland sind sie einer breiten Masse bekannt, weil sich viele fragten, wo denn die ganzen Filmschnippsel dazu herkommen. So eine Dashcam ist inzwischen in einigen Ländern Europas verboten.
Ich dagegen finde sie eine tolle Einrichtung. Erst mal aus beruflicher Sicht. Einige meiner Berufskollegen leiden ja manchmal an Fantasielosigkeit, wenn es darum geht, einzuschätzen, wie sich so mancher im Straßenverkehr verhält, bevor man irgendwelche ach so typischen Verhaltensweisen voraussetzt. Da ist es schon mal nützlich, eine Verkehrssituation jenseits des „Normalen“ zeigen zu können. Aber dieser Einsatzzweck ist natürlich auf das große Ganze bezogen eine Seltenheit. Die meisten Leute werden sowas im Auto haben, um gegebenenfalls einen Unfall oder eine gefährliche Situation, die ihnen widerfährt, aufzeichnen zu können. Oder man kann aufzeichnen, wenn man geblitzt wird. Vielleicht sogar, um nachzuweisen, dass man die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten hat. Das ist doch geradezu ein Muss, wo doch bei Verkehrsrechtlern in aller Munde ist, wie unzuverlässig die bösen Blitzerfallen sind.
Es gibt ja einige Stimmen, das habe ich sogar schon mal von einer Juristen für Verkehrsrecht gehört oder gelesen, die es eigentlich besser wissen müsste, die meinen, dass man sich im Falle eines Unfalles darauf verlassen kann, dass die Polizei alles Erforderliche unternimmt. Sorry, aber da muss man deutlich sagen, das ist Bullshit. Viele Unfälle sind zwar nicht gefährlich, weil nur etwas Blech verbogen ist, aber für die Beteiligten dennoch ärgerlich. Ich könnte es finanziell auch nur schlecht verschmerzen, wenn mir jemand meine Karre kaputt fährt und, vorausgesetzt, ich habe mich richtig verhalten, ich sein Verschulden nicht nachweisen kann, weil die Polizei eben bei Sachschäden in der Regel nicht mehr macht, als die Kennzeichen und Namen der Beteiligten zu notieren. Fotos machen? Skizze? Ohne Personenschaden bestimmt nicht (es sei denn, ein Polizeibeamter ist Unfallbeteiligter, dann wird schon mal von der Regel abgewichen …). Damit im Nachhinein sein Recht durchzusetzen, ist verdammt schwierig und gelingt nur in wenigen Fällen. Vor allem, wenn man erst mal vor Gericht als Kläger den sog. Vollbeweis führen muss, wird es richtig schwierig. Endet das Verfahren in einer Quotelung, geht der „Gewinn“ häufig in den Prozesskosten unter, wenn man nicht gerade über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, die das Risiko hoffentlich trägt. Dass man ein Urteil oft erst nach Jahren bekommt, ist dann das nächste Problem. Und den Zeitaufwand, den man mit der Klärung hat, ersetzt einem eh keiner. Warum also etwas verbieten, dass doch im Grunde allen Beteiligten das Leben erleichtert? Es werden doch eben keine privaten Daten erhoben, weil das, was gefilmt wird, öffentlich stattfindet und im direkten Interessebereich des Filmenden liegt.
Udo Vetter schreibt auch, dass mit einer Dashcam ja der öffentliche Raum permanent überwacht werde. Das ist natürlich so nicht richtig. Die Dashcams, wie ich sie z. B. habe, speichert nichts permanent, sondern nur, wenn ich das will. Also, wenn ich einen „Speicher das jetzt“-Knopf drücke, oder wenn eine Triggerschwelle (Beschleunigungsgrenze) überschritten wird. Dann werden die 15 sec vor und nach dem Triggerereignis als Datei abgespeichert. Permanente Überwachung sieht nach meinem Verständnis anders aus. Ich frage mich darüber hinaus, ob das Filmen mit so einer Kamera im Auto nicht sowieso von der Panoramafreiheit geschützt ist. Denn, wo ist denn der Unterschied, ob ich mir so ne Kamera an die Windschutzscheibe klebe oder ob ein Rentner damit durch die Gegend läuft und alles und jeden, der ihm vor die Linse kommt, filmt? Vor diesem Hintergrund müsste doch jedes Filmen in der Öffentlichkeit, auf der Personen zu sehen sind, verboten sein. Wobei, Dashcams zeigen häufig ja nur die Autos, nicht mal die Personen darin. Wo ist also das Problem? Bei Fußgehenden und Radfahrenden (und Cabriofahrenden …) mag das vielleicht anders sein. Aber den Unterschied zum Urlaubsvideo sehe ich formal trotzdem nicht.
Mal ehrlich: Privat können die Leute meinetwegen machen, was sie wollen. Aber wenn sie sich in der Öffentlichkeit, z. B. im Straßenverkehr, meinen, wie die Axt im Walde aufführen zu müssen, kann ihnen ein bisschen das Gefühl, ggf. kontrolliert zu werden, nicht schaden. Ich sehe zu häufig, was aus leichtfertigem oder vorsätzlichem Fehlverhalten im Straßenverkehr resultiert. Glücklicherweise kann ich keinen wirklichen selbst gefilmten Unfall zeigen. Will ich auch gar nicht können.
Nachtrag: Es wäre mir ein Leichtes, einen ähnlichen Film mit Rotlichtverstößen von Pkws zusammenzustellen.