Beiträge vom November, 2008

viereinhalb Tage Nizza

Sonntag, 9. November 2008 22:09

(Fotos kommen etwas später) Hier sind die Fotos.

Manchmal hat der Beruf ja auch durchaus angenehme Seiten. Eine davon ist die jährliche Jahrestagung des europäischen Verbands der Unfallanalytiker. Diese Tagung findet reihum in verschiedenen europäischen Städten statt. Letztes Jahr Krakau, dieses Jahr Nizza.

Wetter
Zwar ist die Jahreszeit vielleicht nicht mehr unbedingt das, was man sich unter der typischen Zeit für einen Ausflug an die Cote d’Azur vorstellt, aber im November kommen die Zimmerpreise ordentlicher Hotels langsam wieder aus schwindelerregenden Höhen zurück. Außerdem ist das Wetter für uns nicht gerade temperaturmäßig verwöhnten Mitteleuropäer durchaus angenehm: Um die 17°C sind im November eine feine Sache. Auch der Regen ist wunderbar warm… Das ist uns nämlich gleich am ersten Tag widerfahren: Ein ordentlicher Regenguss, der auch nach 2 Stunden nichts an Intensität eingebüßt hatte. Dafür konnten wir beim Trocknen unserer Klamotten herrlich beobachten, wie über das Meer das gute Wetter zurückkam. Am Samstag war dann wirklich herrliches Wetter. 17°C, klarer Himmel, Sonne. Einfach herrlich für November.

Wohin
Und was macht man bei schlechtem Wetter? Richtig, man geht ins Museum. Was liegt da näher, als sich erneut mit moderner Kunst auseinanderzusetzen? Darum haben wir das Museum der modernen und zeitgenössischen Künste aufgesucht, das wir vor Beginn der „Regenzeit“ noch halbwegs trocken erreicht haben. Ansonsten hat natürlich die Altstadt gelockt und der kleine Berg mit der Zitadelle, dessen Namen ich vergessen hab.

Technisches
Frankreich ist m. E. ein Technik verliebtes Land. Das merkt man nicht nur an den alten Autos, den Apotheken-Leuchtreklamen, sondern auch an so profanen Dingen wie Schließfächern. Die Variante im Museum wartet mit Zahlenschlössern auf. Man braucht nicht eine spezielle Münze, sondern merkt sich nur eine vierstellige Zahlenkombination. Was liegt da näher, als z. B. eine Konto-PIN, die man sowieso im Kopf hat? Man kann jedenfalls auch keinen Schlüssel verlieren.  Und dabei ist die Bedienung wirklich einfach. Sachen reinpacken, gewünschte Kombination einstellen, Tür mit dem Verschlussknopf verschließen und die Zahlenkombination verstellen. Mit dem erneuten Einstellen der Zahlenkombination und Dreh am Verschlussknopf hat man seine Sachen wieder. Prima!

Museum
Das nächste positive Erlebnis wartete an der Museumskasse auf uns. Während der Reiseführer noch einen Preis von sage und schreibe 4 Euro listete, winkte man uns hinein, ohne auch nur einen müden Euro zahlen zu müssen. Ich will ja gar nicht sagen, dass man in Museen grundsätzlich freien Eintritt haben muss, aber entgegen der letzten Erfahrung war das doch sehr erfreulich! Und man muss sagen, dass die Ausstellung wirklich nicht provinziell ist. Ein großer Schwerpunkt liegt auf Werken von Niki de Saint Phalle. Als „alter Hannoveraner“ und regelmäßiger Besucher des dortigen Flohmarkts kennt man die Nanas von ihr selbstredend. Neben diversen Nana-esken Figuren sieht man auch Werke, die einen weit weniger freundlichen Charakter haben, sondern eher einer manischen Phase des Schaffens zu stammen scheinen.

Weitere Werke sind von Warhol oder auch Christo, von dem mir besonders die 2-dimensionale Ladenfassade mit unglaublich 3-dimensionaler Wirkung gefallen hat. Darüber hinaus findet man auch Studien und kleine Beispiele seiner Verpackungskunst. Eine Sonderausstellung war dem mir unbekannten Künstler Robert Long gewidmet, der neben Fotos und Installationen auch raumgreifende Wandgemälde beigesteuert hat. Gut gefallen hat mir auch eine Installation bestehend aus einem Zimmerspringbrunnen und einem langen Blechtrichter, an dem am Ende ein Lautsprecher eingebaut ist und nicht nur lustige Geräusche von sich gab, sondern auch pulsierendes Wasser tanzen ließ. Lustig! Letztlich hat sich noch der Name Yves Klein in meinen Hirnwindungen festgesetzt. Außerdem kam mir das Plattencover von US3 Hand on the torch plötzlich unglaublich bekannt vor.
Meine Chefin war ja mit, und in der Zeit, in der ich in der Tagung saß, schon beinahe traditionell mit diversen Frauen (ja, Unfallanalytiker sind fast ausschließlich männlich) unterwegs. Dabei stellte sich heraus, dass auch das Matisse-Museum kostenlos besucht werden konnte und auch Chagalls Bilder für kleines Geld anzusehen waren.

Nice (F)
Danach haben wir uns dann in die Altstadt aufgemacht. Die erinnerte mich stark an Genua. Allerdings schienen mir die engen Gassen dort noch enger und die Häuser höher zu sein. Leider fing es dann, wie oben schon erwähnt, ziemlich stark an zu regnen, so dass wir den im Hafen liegenden Superyachten viel zu wenig Beachtung schenken konnten. Beeindruckend z. B. der moderne Viermaster. Ein riesiges Gerät mit moderner Optik, aber man kann wohl tatsächlich Segel setzen. Dennoch zeugen 8 Auspuffrohre davon, dass wohl auch eine leistungsstarke Maschine eingebaut ist. Möchte gern mal wissen, welchem Angeber dieser Kahn gehört! Am Samstag haben wir dann noch ein wenig von dem bewussten Hügel auf den Hafen hinuntergeblickt. Das ist wohl das, was man als mondän bezeichnet.

Essen und Trinken
Natürlich waren wir das ein oder andere Mal auch schon Essen (und Trinken) Das Frühstück im Hotel ist, wie es wohl in Frankreich üblich ist, eher spärlich, aber dennoch o.k.. Croissants bis zum Abwinken, Kilometerweise Baguette und für uns komischen Osteuropäer ein paar Brötchen nebst gekochtem Schinken und Käse. Speck, Würstchen, Joghurt, Müsli: Alles da. Mittags und abends wird natürlich ordentlich aufgetischt. Am ersten Abend hatten wir ein ordentliches Steak mit Salat und Pommes. Sehr lecker! Auch Pizza (in Nizza) ist empfehlenswert. Nur die Pasta einen Abend später haben etwas lange gekocht. Die Sauce war demgegenüber aber sehr gut! Preislich sollte man gegenüber Berliner Preisen mit dem Faktor 2, gegenüber dem Rest der Republik mit dem Faktor 1,5 rechnen. Während Bier richtig teuer ist (0,5 Liter zwischen 6,5 und 10 Euro) ist Wein deutlich günstiger zu haben. Dabei ist in der Regel auch der günstige Wein im Restaurant oder in der Brasserie durchaus lecker.

Tagung
Jetzt sitze ich gerade in der ersten Session der Tagung und frage mich, warum der deutsche Vortragende sich für seinen Vortrag an der englischen Sprache vergeht, wo doch hinten in so kleinen Kabinchen Simultanübersetzer sitzen. So ist es mir schon gleich am Anfang vergönnt, der durchaus angenehmen Stimme der deutschen Übersetzerin zu lauschen. Allerdings scheint sich die gute Dame in ihrer Kabine noch einzurichten. Jedenfalls rumpelt es im Kopfhörer so, dass man meint, sie würde nebenbei noch ein Ikea-Regal aufbauen. Als nächstes ist ein Franzose dran, der Englisch spricht. Der kann das aber so gut, dass es mir egal ist, dem Original oder der Übersetzung zu lauschen. Erstaunlicherweise habe ich fast alle Sessions mitgenommen und mich relativ wenig im Foyer rumgedrückt, was auch daran lag, dass nur in einem sehr engen Zeitfenster Kaffee angeboten wurde. Nur einmal musste ich für anderthalb Stündchen eine Auszeit nehmen, als es mir zu theoretisch wurde. Da war das Mittagschläfchen einfach verlockender!

Drumherum
Am Donnerstag Abend hat es so dermaßen stark geregnet, dass wir uns in die nächstbeste Pizzeria gerettet haben, was kein Fehler war. In der Zwischenzeit hörte es auf zu regnen, so dass wir noch ein paar Schritte in die nahgelegene Altstadt gegangen sind, wo wir eine sehr abgefahrene Kneipe „Distillerie“ gefunden haben. Für einen Maschinenbauer wie mich gab es einiges zu gucken, ganz vorn sind die über Transmissionsriemen betriebenen Ventilatoren zu nennen.

Der Freitag Abend war dann der Abend das „Gala Dinners“. Zunächst gab es einen Aperitif. Tja, die Qual der Wahl: Eine Art Punsch mit diversen Früchten oder doch Whiskey? Ich bestelle also letzteres und wunderte mich, wie voll man in Frankreich die Gläser mit diesem hochprozentigem Gesöff fühlt. Aber ich fand die Bestätigung, dass es kein Versehen war, in dem zweiten Glas, das genauso voll war wie das erste…

Wir hatten schon beim Eintragen in die Tischlisten das Glück, in eine Art Spezialliste aufgenommen zu werden. Denn in dem Cafe des’Art war nicht für alle genug Platz, so dass wir in ein nahe gelegenes, verhältnismäßig unscheinbares Restaurant gelotst wurden. Nachher habe ich erfahren, dass in der größeren Lokalität ein Dreigängemenü geboten wurde, Suppe, Fisch als Hauptgang (es war Freitag) und abschließend ein Dessert. Da hatten wir mit unserem für die Region Nizza typischen Menü wohl mehr Glück. Wenn ich mich richtig erinnere, waren es insgesamt sechs Gänge. Erst der dritte Gang war Salat Nicoise. Zu Anfang gab es ein kleines Stück einer Art Zwiebelkuchen, danach eine frittierte, essbare Blume. Dann wie gesagt der Salat. Darauf folgte ein sehr zartes Stück Rindfleisch mit Polenta. Danach bekomme ich nicht mehr alles zusammen. Ich erinnere mich zumindest noch gebackenen Ziegenkäse, an eine Tarte und zum Schluss Kaffee. Wir saßen unter anderem mit zwei britischen Kollegen zusammen, und je später der Abend und je leerer die Flaschen wurden, desto besser klappte die Kommunikation.

Apropos Kommunikation:
Internet im Hotel kostete sage und schreibe 50 ct pro Minute. Das habe ich mir dann gespart, bzw. nur sieben Minuten lang gegönnt, um was wichtiges nachzuschauen. Wie teuer der Spaß mit meinem Handy als Modem gekommen wäre, habe ich vergessen, vorher nachzusehen.

Und sonst?

Die Tagung war am Samstag Mittag zu Ende. Zum Flughafen ging es vom Hotel aus um 17.00 Uhr zurück. Da war also noch genug Zeit, um drei gefühlte Tage Urlaub nachzuholen. Bergwandern, Stadtbesichtigung, Shopping, Strandbesuch: Alles geschafft.
Tja, und was sollte mir als Auto-affinem Menschen wohl auffallen? Es gibt keine alten Autos in Frankreich (also zumindest in Nizza nicht). 2 oder 3 Enten, 2 Kastenenten, ein LN A, ein paar R4 und ein R5 aus der ersten Serie waren alles, was mir in der Zeit unter die Augen gekommen ist. Alles mehr oder weniger Gebrauchsautos. Kein schicker, restaurierter Oldtimer, nix. Traurig, traurig, wo doch die Franzosen so herrliche Autos gebaut haben.

Resümee: Nizza im November: Sehr lohnenswert!

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