Blogger ham’s ja nicht so mit dem Geld. Sie rackern emsig vor sich hin, tippen auf virtuellen Tastaturen, wischen auf Smartphones und Tablets herum wie die Fensterputzer, produzieren mal mehr, mal weniger guten Content, aber wirtschaftlich wirklich erfolgreich, so dass sie gut davon leben können, ist, bis auf vielleicht eine Hand voll, keiner, oder? Entweder haben sie gut verdienende Partner, einen „richtigen“ Job, oder haben vielleicht ein Hotel in der Schlossallee geerbt. Daher wissen sie auch nicht, wie man eigentlich kalkuliert, um ein kleines Unternehmen erfolgreich florieren zu lassen.
Erster Fehler: Die eigene Arbeitszeit nicht unter Kontrolle haben. Ein Fehler, der Selbstständigen in die Wiege gelegt ist. „Boah, ich arbeite ja 70 bis 80 Stunden in der Woche.“ Jau super. Und das, um am Ende 2000 Euro rauszukriegen, oder was? Aber sich darüber aufregen, dass woanders über Mindestlöhne diskutiert wird, die man für selbstverständlich hält. Bitte, wie soll das auf Dauer funktionieren?
Schon mal an Altersvorsorge, Berufshaftpflicht und sonstige Kosten gedacht? Rücklagen für Anschaffungen, weil Geräte kaputt gehen? „Einen Computer brauche ich ja eh.“ Zack. Nächster Fehler. Wer mit seinem Rechner Geld verdient, benutzt damit Firmenkapital. Also sollte auch die Firma den Rechner anschaffen, um ihn abschreiben zu können. Ebenso Handykosten, Internetanschluss und so weiter. Wer da sagt, das bräuchte er ja privat sowieso, ist meistens in einem sicheren Angestelltenverhältnis und macht sich keinen Kopp darum, dass der Schreibtisch, an dem er sitzt, nicht das Privateigentum vom Chef ist, der auch nicht die Heiz- und Stromkosten aus seiner Privatschatulle bezahlt. Firmenwagen: Kann man auch privat nutzen. Man muss „nur 1%“ vom Bruttolistenneupreis versteuern. Und dass man für eine Firma nicht unbedingt den tollen Flatrate-Festnetz-Highspeed-Internet-Rundumsorglos-Vertrag für ein paar Euro-fündundneunzig bekommt, hat sich wahrscheinlich auch noch nicht bis zum nichtleitenden Angestellten rumgesprochen.
Diejenigen, die auf diese Details keinen Wert legen, sind wahrscheinlich nicht in der glücklichen Lage, viele Steuern zahlen zu müssen. Denn dann würden sie darauf achten, Firmenausgaben zu produzieren. Es ist nämlich ein Unterschied, ob man Dinge, die man beruflich braucht, von versteuertem (privaten) oder unversteuertem Geld anschafft. Ist das eigene kleine Unternehmen darauf angelegt, irgendwann komfortabel in der Gewinnzone zu arbeiten, wird man sich darauf zurückbesinnen, dass es gleich am Anfang sinnvoll war, diese Dinge im Auge zu behalten. Aber viele Firmen, die sich anfangs gut entwickeln, überleben den zweiten Steuerbescheid eh nicht. „Nachzahlung? Steuerrücklage? Ööööhm …“
Wenn sich Leser von einem abwenden, weil man es wagt, mit seiner Arbeit Geld zu verdienen, kann man davon ausgehen, dass dieser Leser entweder Student ist, der monatlich seine Kohle von den Eltern oder vom Bafög-Amt bekommt („Hey, ich geh aber jeden Monat arbeiten und verdiene mir 250 Euro dazu“ – „Ja, Schätzelein, und wo kommen die anderen 750 Euro her?“), oder er sitzt gerade in seinem wohltemperierten Angestelltenbüro und nutzt sowohl Arbeitszeit („Ich arbeite die Pausen aber immer durch.“ – „Und was ist mit der dritten Kippe, die du heute vormittag geraucht hast, mal abgesehen davon, dass Pausen gemacht werden MÜSSEN?“) als auch Internetleitung der Firma für seine Privatvergnügungen („Ich habe meinen Chef aber auch schon mal erwischt, als der bei Facebook geguckt hat“ – „Ja, der hat aber auch keine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit.“ – „Das ist unfair!“ – „Ja, genau. Hallo Welt.“)
Jedenfalls ist ja gerade die Diskussion, ob man als Blogger Geld verdienen darf („Nein!“ – „Doch!“ – „Ooaar!“) in die nächste Runde gegangen. Ich hätte ja gedacht, dass sich das mal totlaufen würde, oder das allgemein anerkannt würde, dass man mit Blogs Geld verdienen darf. Stattdessen entwickelt sich das in eine andere Richtung, wie mir scheint. Wer mit „Irgendwas-ins-Internet-Schreiben“ versucht, Geld zu verdienen, hat sich lange Jahre gern als Blogger bezeichnet. Damit war eben diese nerdige Bild vom unabhängigen, aber gut vernetzten Dauer-Online-Schreiberling verbunden, damit dem Prototyp dessen, was man sich heute eigentlich unter einem zeitgemäßen Journalisten vorstellen könnte. Problem war allenfalls, dass der Zeitdruck nicht zuließ, Dinge zu recherchieren. Das ersetzte man mit der subjektiven Note, die das besonders Authentische des Protobloggers ausmachte, wo der klassische Journalist zwischen Reportage und Kommentar unterscheidet.
Dummerweise sah und sieht man sich als „so ein Blogger“ dann immer wieder dem Problem ausgesetzt, dass man kein Geld einnehmen, geschweige denn Gewinn erwirtschaften darf. Dumme Sache. Daher entwickeln sich nun einige aus der professionalisierenden Onlineschreiberzunft zum „Doch-nicht-Blogger“. Man legt gewissermaßen Wert darauf – auch wenn man dem Begriff „Blogger“ noch nicht ablehnt, wenn man als solcher bezeichnet wird – zu den armseligen Bloggern da unten, die immer noch jammern, was das Leben, Bloggen und Geldverdienen so kostet, nicht mehr dazuzugehören. Weil’s besser ist für’s Geschäft. Noch ist es gerade noch vorteilhaft, mit der Bloggerei zu kokettieren, um sich von den bösen etablierten Journalisten, abzugrenzen. Aber wehe, es setzt sich in den Köpfen der Menschen fest, dass Blogger eigentlich wirtschaftlich erfolglose, nicht mit ihrer Zeit haushalten könnende Individuen sind, die auch mit über 40 noch einer Tätigkeit nachgehen, die der SoWi-Student zwischen Fußnägellackieren und Clubbesuch um 7 Uhr morgens macht. Spätestens zu dem Zeitpunkt, als Firmen anfingen zu bloggen, also ihren nervigen Newsletter von vor 5 Jahren nun auch noch in ein stylisches WordPress-Theme zu pressen, hätte die Karawane gut getan, dem Inzwischen-Mainstream abzuschwören und, wie sich das für soFreidenker gehört, auf den nächsten Zug aufzuspringen, bis sich auch dieses Karussell so schnell dreht, dass die mit der geringsten Adhäsion schon wieder abgeworfen werden und in ihr weiches 9-to-5-Job-Bettchen zurückfallen.
Eines steht ja wohl mal fest: Blogger sind ganz klar nur solche wie das hier schreibende Alter Ego „Will Sagen“. Leute, die unreflektiert, aus dem Affekt heraus irgendwelche Buchstaben ins Internetz blasen und sich einen Dreck darum scheren, ob das alles Sinn ergibt und vor allem, was das nun kostet. Dieses Blog kostet mich übrigens rund 1,95 Euro im Monat oder so. Aber, was weiß ich schon? Nichts.