Race 61 in Finowfurt
Natürlich wurde die Veranstaltung überschattet von dem Absturz des Sportflugzeugs. Und klar wäre die Veranstaltung anders verlaufen, wenn der Unfall nicht geschehen wäre. Die Zeit lässt sich aber nicht zurückdrehen.
Irgendwann hatte ich mir mal überlegt, entweder das ganze Wochenende dorthin zu fahren, oder zumindest von Samstag auf Sonntag zu bleiben. Daraus ist dann doch nur eine Stippvisite geworden. Aber immerhin. Ist halt auch die Frage, ob ich mit meiner kleinen Schüssel überhaupt zwischen die ganzen Ami-Boliden gehöre. Da ich auch eher nicht zu den kontaktfreudigsten Leuten gehören, wäre es für mich zwischen den ganzen Grüppchen dort wohl ziemlich einsam gewesen. Ist ja schon eine Welt für sich, von der ich zugegebenermaßen sehr wenig Ahnung habe. Während es mir relativ leicht fällt, die gängigen europäischen Modelle aus den 50er bis 70er Jahren einzuordnen, fällt mir das bei den Ami-Karren schwer. Ist aber auch egal, bis auf die Tatsache, dass ich Alltagskram nicht von echten Raritäten unterscheiden kann.
Im letzten Jahr gefiel mir bei meinem ersten Besuch die Atmosphäre, auch wenn ich nicht jedem der Besucher und Teilnehmer über den Weg trauen würde. Man kommt ja nicht aus seiner (Unfallanalytiker-)Haut. Und wenn ich mir überlege, wie entsetzt alle Leute über den Flugzeugabsturz waren, muss man sich doch vor Augen halten, dass gerade mit dem großen Besucherzulauf das aus meiner Sicht teilweise doch recht arglose Herumfahren mit den hochmotorisierten Gefährten nicht ganz ungefährlich ist, um es mal vorsichtig auszudrücken. Auf der Tribüne machte sich nach dem Absturz beklommenes Schweigen breit und keiner in meiner Umgebung gab einen unpassenden Kommentar von sich. Klar kehrten einige relativ schnell zur Tagesordnung zurück, besonders wohl die, die etwas weiter von der Unfallstelle entfernt waren und eben nicht Augenzeugen waren. Ob die Wortwahl dieses Moderators, den ich schon mal irgendwo gesehen hatte, aber dessen Name mir nicht geläufig ist, dass „der Kunstflieger abgeschmiert ist“, so passend war? Naja. Kann man drüber streiten. Die Entscheidung, das Rennen für den Samstag erst herauszuschieben und dann abzusagen, war bestimmt richtig. Allerdings, als ich das Gelände am frühen Nachmittag verließ, war man am Eingang wohl noch nicht darüber informiert. Weder Ordner noch Besucher. Ich denke, hier wird man sich noch mal Gedanken über das Informationskonzept machen müssen. Denn, es ist im Grunde nicht auszuschließen, dass es auch auf dem Gelände zu einem Unfall kommt. Wie es sich dann versicherungstechnisch mit den vielen nicht zugelassenen Fahrzeugen verhält? Wer weiß das schon. Nur: Wenn jemand privat haften muss, bei dem aber nichts zu holen ist, sieht das Opfer alt aus. Möglicherweise hat der Veranstalter dafür aber auch eine Lösung parat. So genau bin ich ja auch nicht informiert.
Jetzt aber Schluss damit.
Fährt man zu einem „normalen“ Oldtimer-Treffen wie z. B. in Paaren/Glien, sieht man ja schon viele Oldtimerfritzen, die nicht ganz richtig ticken. Am weitesten verbreitet ist sicherlich das zum Auto passende Outfit: Der MG-Fahrer trägt karierten Tweed, der Citroën-Chauffeur hat eine Baskenmütze auf dem Kopf und ein Baguette unterm Arm, der Fiat-Fahrer hat eine Flasche Chianti im Schlepptau und eine festgewachsene Sonnenbrille. Und der Ami-Fahrer? Genau: Jeans, kariertes Hemd und Tolle. Dazu Hamburger und Hotdog. Ist ja nicht so, dass ich das ablehne. Ganz im Gegenteil. Nur merkt man den meisten der Typen auf den normalen Oldtimertreffen an, dass sie im Alltagsleben die meisten dieser äußerlichen Zeichen dann doch ablegen, um unauffällig ihren Sachbearbeiterjob ausüben zu können.
Anders dagegen viele Race61-Teilnehmer: Mein Eindruck ist, dass viel mehr ihren dort nach außen getragenen Stil leben: American Outlaws, Rockabillies und so. Wie gesagt, ich kenne mich da ja nicht aus. Aber schön anzusehen ist es! Ich hatte auch den Eindruck, dass im Gegensatz zu den üblichen Oldtimerveranstaltungen, wo die Herren der Schöpfung ihre relativ lustlosen Weibchen hinter sich herziehen, viel mehr Frauen aktiv in der Szene mitmischen. Ob jetzt mit Pettycoat und grell geschminkt oder mit Latzhose und schmutzigen Händen: Egal. In dem ganzen Gepränge sind sie alles anderes als nur so dabei. Klingt doof in der heutigen Zeit, ist aber in der Autoszene nun mal nicht selbstverständlich. Wobei, am Steuer sitzen meistens doch die Typen. Ihre Mädels chauffieren sie dann gern auf der Pickup-Ladefläche.
Liest man sich durch die diversen Oldtimergazetten, stößt man immer wieder auf das Thema Nachwuchssorgen. Leute, fahrt nach Finowfurt, wenn ihr junge Altauto-begeisterte Leute sehen wollt! Ihr könnt sie halt mit euerm werksoriginalen Opel Kapitän nicht hinter dem Ofen hervorlocken. Aber etwas tiefer, rote Felgen zu Weißwandreifen, Dachgarten, gerne abgerockt: Da sieht die Welt schon ganz anders aus. Und ab da sind dem Treiben keine Grenzen gesetzt. Diese ganzen Extremumbauten: Geil!
Und dann bekommen ja die Originalos gleich Pipi in die Augen, wenn eine Schraube von der falschen Seite in das historische Blech gedreht ist. Ich hab damit kein Problem. Jeder soll mit seinem Auto machen, was er will, und ihm seinen ganz persönlichen Geist einhauchen. Ich hab nie verstanden, warum das H-Kennzeichen nur den originalen Autos zuteil werden darf, und nicht einfach allen, die älter als 30 Jahre sind. Im Grunde beschneidet man ja die Kreativität der Leute und vor allem der jungen Leute. Die können sich meistens nicht mal eben eine der im gesetzten Oldtimer-Markt angekommenen Pretiosen leisten. Darum wird eben irgendein Allerweltswrack irgendwie zum Leben erweckt (oder auch mal ein originales Stück zum Wrack gemacht …). Wenn man die Betonköpfe ein wenig aufweichen könnte, müsste man sich jedenfalls um Nachwuchs in der Oldtimerszene keine Sorgen machen. Wobei es natürlich auch fraglich ist, ob die Finowfurter Hardliner überhaupt im Mainstream ankommen möchten. Eher nicht. Aber Schnittmengen gibt es überall. Leben und leben lassen.
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