Absturzursache Motorausfall?
Spekulationen nach Unfällen sind ja immer so eine Sache. Ich habe mich in meinem Beitrag deshalb zurückgehalten und erst mal das aufgeschrieben, was ich erlebt habe. Aber als Unfallanalytiker, zu dem fliegereibegeistert, mache ich mir selbstverständlich Gedanken, wie es zu dem Unfall kommen konnte.
Schon schnell wurde nach dem Absturz der Verdacht geäußert, dass der Motor der Zlin in Rückenfluglage gestottert habe oder ausgegangen sei. Ich war mir dessen nicht sicher. Dafür ging es zu schnell, zumal beim Vorbeiflug sich die Frequenz des Motorgeräuschs aufgrund des Dopplereffekts so stark ändert, dass ich daraus in den paar Sekunden des tatsächlichen Eindrucks nicht auf einen Defekt schließen wollte oder konnte. Das scheint sich nun aber zu bestätigen, wie dieses Video zeigt.
Auf meinen Fotos kann man in dem Moment, als das Flugzeug an meiner Position auf der Tribüne vorbeiflog, eine Rauchfahne erkennen. Ich habe die Fotos dafür noch ein mal anders bearbeitet. Btw.: Selbstverständlich habe ich der BFU meine Fotos angeboten.
Hier kann man recht deutlich die Rauchentwicklung sehen.
Die Fotos sind alle mit der gleichen Belichtungszeit (1/500 sec) aufgenommen worden. Der erste Detailausschnitt stammt nicht aus dem obersten Foto, sondern von einem, das unmittelbar davor aufgenommen wurde. Dort ist noch keine Rauchfahne zu sehen.
Im ersten Detailfoto hat man den Eindruck, dass sich innerhalb der Belichtung der Propeller weiter gedreht hat als in der zweiten. Das würde auf einen Drehzahlabfall hindeuten. Das müsste man allerdings mal genauer auswerten, zumal auch die Art des Verschlusses Einfluss haben kann.
Ob der Flug so in dieser Form stattfinden durfte, werde ich nicht beurteilen. Das kann ich auch gar nicht.
Update: Im Beitrag zu dem Absturz schreibt jemand, dass das Flugzeug mit einem Constant-Speed-Propeller ausgerüstet gewesen sei. Die Drehzahl würde sich bei Abfall der Leistung nicht ändern.
Update 2: Inzwischen gibt es einen Abschlussbericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung.
Montag, 1. Juli 2013 12:51
[…] […]
Montag, 1. Juli 2013 13:45
Ich hab das Tribünenvideo aus dem Netz in Einzelbildern angesehen.
Das letzte Deiner Fotos hier ist genau die Situation, in der die 7 Einzelbilder des Videos sind, in denen der Propeller sich kaum noch zu drehen scheint, also zwischen Rumpf und Tragfläche sichtbar ist. Bei den Einzelbildern vorher (auf Höhe der Kamera) dreht sich der Propeller je Bild eine viertel Umdrehung.
Nach dieser Situation (letztes Foto oben) erscheint der Propeller in keinem Einzelbild des Videos mehr hinter dem Rumpf/Tragfläche, bis das Flugzeug unter den helleren Horizont fällt. Das sind noch 27 Einzelbilder. Unterhalb des Horizontes kann man es nicht mehr sehen. Als nach 40 Einzelbildern die Tragfläche die Solarpaneele touchiert, steigt die Maschine seit ca 3 Einzelbildern wieder, die Rückdrehung war zu ca 90% erfolgt. Die Solarpaneele erreichte die Tragfläche von hinten, also der der Sonne abgewandten Seite, so daß die Tragfläche nach unten gezogen wurde.
Dienstag, 2. Juli 2013 18:22
Hallo Will,
das ist ein wirklich guter und sachlicher Blogg den du da moderierst!
Natürlich bewegt das Geschehen auch diejenigen, die Oliver gut kannten. Aufgrund der sehr guten Fotos und zahlreichen Videos kann man alles wesentliche sehen und eigentlich ist auch schon alles gesagt über Pilot und Maschine. Ich würde mich mal ohne anmaßend sein zu wollen als „fachlich versiert“ bezeichnen. Die Kameraden von der BFU werden wahrscheinlich auch keine grundlegend neuen Erkenntnisse haben. Warum das Triebwerk ausgefallen ist, werden aber nur sie beantworten können. Für uns Piloten spielt das eigentlich auch keine Rolle. Hier gibt es ein Video: http://www.youtube.com/watch?v=ItzEKP2lVEo bei dem man eindeutig den totalen und schlagartigen Motorausfall hören kann. Sei dir sicher, dass ist nicht das bekannte „Stottern“ beim unsauberen Fliegen unter g-Belastung, das TW kommt so schnell nicht mehr zum leben und dass wusste Olli auch in dem Moment. Keine Chance der Situation zu entkommen.
Bei Kunstflugvorführungen kann schnell mal was passieren. Wenn du dabei warst, kannst du dir vorstellen das alles nur in Sekundenbruchteilen abläuft. Kunstflugveranstaltungen absagen: Nein, sicher nicht! Bei allen genehmigten Vorführungen und auch sonst beim fliegen gilt die Maxime der maximalen Sicherheit für unbeteiligte. Der Pilot sollte für die Show auch nicht für sich selber alle Sicherheitsreserven aufgeben. Es gibt genug Vorschriften und Regeln die einfach nicht eingehalten wurden. Das ist für die ganze Kunstflugzene und für die allgemeine Luftfahrt schlecht.
Grüße ASF
Dienstag, 2. Juli 2013 19:18
Woanders wurde gesagt, dass alle (oder wenigstens viele) laut Beifall geklatscht hätten, wenn das Manöver geklappt hätte. So wäre es wohl gewesen. Mein Eindruck zu dem geplanten Flugmanöver ist, dass der Pilot den Rückenflug in einem Viertelaußenlooping (verzeih, wenn ich die Fachterminologie nicht kenne), ausleiten wollte. Das hätte irgendwie gepasst. Oder zumindest, dass der Rückenflug noch ein paar Sekunden weiter gehen sollte, um in einem Bereich mit weniger Menschen eine halbe Rolle zu fliegen. Die tatsächlich geflogene Rolle scheint mir die Reaktion auf den Motorausfall zu sein. Das muss man erst mal so schnell realisieren! Traurig, dass es alles nichts nützte.
Bedauerlich ist vor allem der Tod Eures Fliegerkameraden. Bedauerlich ist aber auch, dass damit solche Veranstaltungen in Verruf kommen. Ich träume schon lange davon, mal nach Duxford zu fahren (lieber zu fliegen!). Aber wenn man davon erzählt, werden einem gleich solche Geschichten vorgehalten.
Ich habe beruflich mit Verkehrsunfällen zu tun. Darunter sind leider auch viele tödliche Unfälle. Davon nehmen aber viel weniger Leute Notiz, weil es eben anscheinend zum Alltag der mobilen Zivilisationsgesellschaft gehört, hab ich den Eindruck. Ein Flugunfall ist immer was Spektakuläres. Ich sehe das ja auch an den Zugriffszahlen in meinem Blog, die sich mal eben verdreißigfacht haben.
Dienstag, 2. Juli 2013 20:06
Auf den Videos macht die ASF keinen sonderlich schnellen Eindruck. Einen Looping aus dieser Situation wäre mit der ASF in Bodennähe zu gewagt. Zumal man dafür 250 km/h fliegen muss und die sind nur zu erreichen wenn du das Flugzeug mind. 10° bis 20° unter den Horizont bringst. Dazu ist aufgrund des erhöhten aerodynamischen Widerstandes im Rückenflug ein Sinkflug notwendig um auf die Geschwindigkeit zu kommen und bei dieser Höhe eigentlich ausgeschlossen. Vorstellbar ist da schon eher eine halbe Rolle am Horizont mit anschließendem Turn (180 km/h Eingangsgeschwindigkeit), Steilkurve (220 km/h Eingangsgeschwindigkeit) oder auch Immelmann (220 km/h Eingangsgeschwindigkeit). Für einen Looping aus der Normalfluglage reichen auch 200 km/h aus. Nach einem längeren Rückenflug (- 1g) ist es auch nicht optimal zusätzlich höhere neg. g zu drücken.
Dienstag, 2. Juli 2013 20:08
Ah, danke für die Erläuterung.