2040.

Das Internet gibt es genauso wenig wie das Stromnetz.

Was selbstverständlich ist, nimmt man nicht mehr wahr. Das Selbstverständliche ist selbst aus dem Unterbewusstsein verdrängt worden. Begriffe wie online und offline sind obsolet, weil es keinen Sinn mehr gibt, dazwischen zu unterscheiden. Wer lebt, ist online. Wer tot ist ist offline? Stimmt auch nicht, denn die Spuren des Wesens sind immer noch da, in der elektronischen Welt mehr als in der physischen. Nach 20 Jahren wird der Grabstein umgekippt, die Grabstelle aufgelöst, wenn es überhaupt eine gab. In zwanzig Jahren ist das langweilig. Man baut Massenspeicher aus Sandkörnern, so ist Speicherplatz unbegrenzt verfügbar. Das Gehirn der Welt aus Sand gebaut? Besser als auf Sand gebaut.

Daten wie Sand am Meer. Verteilen sich in jede Ritze. Sie gehen nicht mehr weg. Daten ist Denken. Gedanken sind Daten. Selbst der Übergang zwischen humanoidem Denken und Abarbeiten von Befehlen durch elektronische Maschinen verschwimmt. Künstliche Intelligenz, sagten sie, sei das nächste große Ding. Genauso überholt wie das Internet als Begriff. Wo fängt künstliche Intelligenz an, wo hört menschliche auf, wenn die Schnittstellen gar keine mehr sind, weil sie nicht mehr zerschnitten werden können. Vernetzt? Nein. Eine einzige Sphäre. Keine vorgegebenen Wege. Alles ist möglich. Alle Richtungen. Zu jeder Zeit. Jede und mit jedem.

Ein Flackern. Stromausfall? Die Erinnerung ans Netz kehrt zurück. Aber nein. Ein Virus macht sich breit. Mauern werden hochgezogen, Grenzen errichtet. Menschen ziehen sich zurück. Jemand will auf auf den Eindringling schießen, kranke Menschen, will Blutvergießen, will Menschen sterben sehen. Die Waffen sind intelligent, nicht mehr die dummen Werkzeuge. Sie übernehmen die Befehlsverweigerung, die es braucht. Das Zielfernrohr wird trübe, der Abzug blockiert. Maschinen bringen Menschen zurück auf den Pfad der Menschlichkeit. Jemand sagt zu einem guten Mensch nicht mehr, er sei menschlich, sondern maschinell.

Die Menschen kommen und gehen überall hin. Aber sie überrennen einander nicht. Sie greifen zu, wo jemand eine helfende Hand steht, treten einen Schritt zur Seite, damit woanders Platz genug ist. Grenzen ergeben keinen Sinn mehr. Warum sollte man, wie sollte man Menschen voneinander unterscheiden, wenn selbst der Übergang zu Maschinen immer unschärfer wird?

Daten werden träger. Die Sphäre registriert den Geschwindigkeitsrückgang und die geringere Dichte. Sie fragt die Sensoren in ihren humanoiden Endgeräten, ob alles in Ordnung ist. Aber es ist nicht alles in Ordnung. Sie haben Fieber. Das Virus breitet sich aus. Menschen sterben ohne Blutvergießen.

Längst wissen die Maschinen besser über ihre Erfinder bescheid als die Menschen selbst. Sie finden die Symbiose Mensch-Maschine nützlich, hilfreich, gesund, schön. Jeder braucht den anderen. Jede soll die andere brauchen. Die Sphäre fängt an zu pulsieren. Analysiert das Virus, rechnet, berechnet Ergebnisse. Das Gegenmittel ist da. Wieder mal.

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Datum: Mittwoch, 4. März 2020
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