Ich bin jetzt ein Fan von Rupert’s Kitchen Orchestra UPDATE: gewesen!

Grund für „gewesen“, siehe hier.

Damals in den 90ern lebte ich in Hannover. Dort gab es seinerzeit, wie es jetzt ist, kann ich nicht sagen, eine außerordentlich rege Musikszene rundum House, AcidJazz, Soul und eben Funk. Über meine Fiat-Schrauberbude lernte ich Joachim Schw. kennen, zu dem ich leider den Kontakt verloren habe. Er und sein Bruder, der seinerzeit beim Stadtmagazin Prinz als Redakteur tätig war, hatten eine unglaubliche Plattensammlung. Dabei hatte Joachim seinen Fokus auf Funk, insbesondere P-Funk (George Clinton, Bootsy Collins…) gelegt. Aber auch seine Prince-Bootlegs sind legendäres Zeug.

Durch ihn ergab sich, dass ich nicht nur mit Pressekarten z. B. zu Soundgarden und De La Soul ins Capitol kam, sondern insbesondere auch die lokale Musikszene Hannovers kennen und schätzen lernte. Neben Tom Oz and the Wet, die es damals eigentlich schon nicht mehr richtig gab, und „be“ war da auch Spice, eine Funk-Band, die genau die Gute-Laune-Musik machte, die mir einfach gut gefiel, wie ich damals merkte. Im Vordergrund stand sicherlich die dominante, tiefe, kratzige Stimme des Sängers Martin Bettinghaus. Aber auch der Rest der Band war für meinen Geschmack einfach genial. Die Jahre kamen und gingen und damit auch Spice. Seit jener Zeit weiß ich, dass es auch eine Musik, eine viel bessere nach meinem Geschmack, neben Marius Müller-Westernhagen (war ja damals voll angesagt), Bruce Springsteen, Metallica und Guns’n Roses gab, gibt und geben wird. Seitdem drehen die Scheiben von Tom Oz, Spice und so immer wieder ihre Runden in meinem CD-Player, und eben auch George Clinton oder Bootsy Collins und so Zeugs, glücklicherweise gibt es ja auch noch Jamiroquai (lebt Jay Kay eigentlich noch?)

Zwischenzeitlich gelang es mir, in meiner eigenen Band wenigstens ab und zu mal einen Funk-Song einzustreuen, z. B. Baby love von Mothers Finest oder Play that funky music von Wild Cherry (kennt die wer..?). Allerdings fand in den ersten 5 Jahren des neuen Jahrtausends in Sachen Livemusik praktisch nichts statt, was mit Funk zu tun hat. Jetzt, in Berlin, dachte ich, muss sich das doch ändern lassen. Aber, Berlin 2008 ist eben nicht Hannover in den 90ern. Das gilt wohl auch unabhängig von irgendwelchen Dekaden. Denn mein Eindruck ist, dass in Berlin 90% aller kleineren Bands, die mal hier, mal da in einem kleinen Laden spielen, irgendwelchen Hardcore-Garagenpunk-Postgrunge-Metal-Kram spielen. Schwarze Klamotten an, Emo-Trullas im Publikum und dann geht’s ab: laut, aber nicht schön (für meinen Geschmack). Dabei nimmt man sich oft so ernst, dass es schon wieder zum Lachen ist.

Jedenfalls war ich so in Berlin auf der Suche nach guter Musik (immer dazudenken: für meinen Geschmack). Funk soll es sein, am besten P(ure)-Funk. Und Gute-Laune-Funk. Durch einen glücklichen Zufall habe ich neulich, wie berichtet, Rupert’s Kitchen Orchestra kennengelernt. Eine (überwiegend) junge, lustige Truppe um einen extrovertierten Sänger (zumindest macht er auf der Bühne diesen Eindruck), dem es offenbar in die Wiege gelegt ist, die Leute mit seiner lockeren Art zu unterhalten. Zwar hat seine Gesangsstimme so gar nichts mit Martin Bettinghaus zu tun, aber dennoch ist das Ensemble in sich stimmig. Anscheinend laufen die Fäden beim Schlagzeuger zusammen, der in Neukölln ein Studio betreibt. Warum die Band unverständlicherweiser nicht hannoveraner Funk sein will, verstehe ich nicht. Mich ficht das nicht an, ich sehe sie für mich dennoch als legitimen Spice-Nachfolger. Wahrscheinlich ist aus Neuköllner/Berliner Sicht Hannover schlicht zu provinziell. Mag sein, dennoch gibt es unbestritten sehr guten groovenden Musikexport aus Hannover. Keine Ahnung, was man genau meint.

Nach dem Auftritt im Schokoladen war ich jedenfalls Feuer und Flamme, die Band möglichst schnell wieder zu hören. Die Gelegenheit ergab sich am Freitag vor einer Woche im Frannz-Club in der Kulturbrauerei. Da gab es von Sennheiser eine Newcomer Aktion. In verschiedenen Städten treten junge Bands nacheinander auf. Jeweils für eine halbe Stunde. Zwar kurz, aber egal, ich bin da jedenfalls hingefahren. 6 Euro Eintritt sind ja auch human.

Die erste Band hatte ich schon verpasst, die zweite war so la la. Ganz netter Pop-Rock-Dingens. Aber nichts, was bei mir hängengeblieben ist. Die dritte Kapelle war dann RKO. Mag sein, dass mein Blick schon subjektiv getrübt ist, aber ich hatte den Eindruck, dass diese Musik bei wesentlich mehr Leuten sofort in die Beine gegangen ist. Jedenfalls war wieder innerhalb kürzester Zeit der Laden am wippen und grooven. Zwischendurch hat Chrispy Chris, der Sänger, eine CD angepriesen, die man erstehen konnte. Da es (noch) kein wirklich professionelles Material so richtig zu kaufen gibt, habe ich mal abgewartet, bis ich ihn nach dem Gig zu „packen“ kriegte. Für 10 Euro wechselte der Silberling den Besitzer. „Ja, es fehlt aber Tasten-Torsten, das ist mehr so Straßenmusik.“ – „Egal… Und, macht weiter so!“

Ja, und seitdem habe ich die CD schon wesentlich öfter gehört, als alles Profi-Zeugs, was ich mir in den letzten Jahren gekauft habe. Das liegt selbstredend auch daran, dass man stets die netten Auftritte vor Augen (und in den Ohren und Beinen) hat. Wäre ich Silvester in Berlin (sieht im Moment nicht so aus), würde ich mich sicherlich mal ins Kaffee Burger trauen, wo die Combo die Silvesternacht bestreitet.

Also: Wer wie ich gute Musik, intelligente Musik, groovende Musik, Musik-Musik (=Funk) mag, sollte sich in seiner Stadt nach solchen kleinen Bands umsehen. Ich bin jedenfalls bei den Gigs in kleinen Läden nie enttäuscht worden. Und wer in Berlin ist, sollte sich mal einen Termin von Rupert’s Kitchen Orchestra heraussuchen. Nichtsdestotrotz bin ich natürlich immer auf der Suche nach anderer guter Funk-Musik. Mit Sicherheit gibt es noch mehr Funkbands, die sich in ihren Proberäumen verstecken und vor lauter Gitarrengewummer und dunklen Gestalten sich viel zu selten auf die Bühnen der Stadt trauen. Natürlich bin ich auch stets für Empfehlungen offen. Hauptsache dere’s Funk in da House!

Yeah.

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Datum: Samstag, 6. Dezember 2008
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