Beiträge vom März, 2018

„Idiotensichere“ Spannungsversorgung für Messgeräte und so

Sonntag, 25. März 2018 11:29

Vor drei Jahren hat unsere Firma eine Bachelorarbeit an der TU-Berlin zum Thema „Untersuchung der Auswirkungen des Tragens eines Fahrradhelmes im Straßenverkehr auf die Risikokompensation durch Fahrer überholender Kraftfahrzeuge“ betreut. Dafür habe ich eine Messtechnik entwickelt, die zum größten Teil in einer Lenkertasche untergebracht werden konnte: Datenlogger, zwei Kameras, ein Arduino für die Synchronisation zwischen Datenlogger und Kameras sowie die Spannungsversorgung. Der Lasersensor für die Abstandsmessung wurde am unteren Rahmenrohr angeklemmt. Für von hinten kommende Autofahrer war das so ausgerüstete Fahrrad absolut unauffällig. Was von Beginn an Schwierigkeiten machte, war die Spannungsversorgung. Erst hatte ich dreizellige Lipo-Akkus meiner Modellflugzeuge zweckentfremdet, dann aus 9 AA-Zellen zusammengelötete Akkus verwendet, die wie Dynamitstangen aussahen. Besonders unangenehm war, dass zwar fast alle Technik mit 12 V zufrieden war, einzig der Lasersensor braucht mindestens 18 V. Für  unsere Zwecke war das ok, mit dem relativ kryptisch bedienbaren Ladegerät und der fummeligen Kabelage aber nicht sonderlich anwenderfreundlich.

Vor einiger Zeit fragten Verkehrsplaner der TU an, ob wir sie bei ähnlichen Messungen irgendwie unterstützen könnten. Klar, die Messtechnik lag bei uns mehr oder weniger ungenutzt rum. Aber die Spannungsversorgung war eben immer noch die Archillesferse. Gerne hätte ich ein System mit fertig konfektionierten Akkus, Schnelllademöglichkeit, nachkaufbar und am besten auch noch Tiefentladeschutz. Und wo ist das alles vereint? Richtig, in einem Akkuschrauber! Inzwischen haben die meisten ja LiIon-Akkus, die also nicht immer genau dann leer sind, wenn man sie braucht, sondern die Spannung auch über längere Zeit halten.

Also kaufte ich einen Bosch-12V-Akkuschrauber (GSR 12V – 15) samt Ersatzakku. Ich probierte ihn aus: Sehr handliches Gerät, hätte ich gern selbst. Aber ich zerlegte ihn ja gleich.Schnell hab ich auf der Platine den Punkt ausfindig gemacht, an dem beim Drücken des Schalters die volle Spannung anliegt. Daran und an Masse lötete ich erst mal dicke Kabel mit einem entsprechenden Stecker für die Hauptstromversorgung der Messtechnik an. An einem anderen Punkt findet man die geregelte Spannung für den Motor. Den kann ich nicht gebrauchen. An dem Schalter findet man seitlich zwei Anschlüsse. An die habe ich einen kleinen Kippschalter angelötet, um meine Spannungsversorgung ein- und ausschalten zu können.

Nun brauchte ich noch mindestens 18 V für den Lasersensor. Dafür habe ich ein Step Up-Modul besorgt (MT3608 2A). Dort kann man mit 12 V reingehen und bis zu 28 V bei 1 A herausbekommen. Die Ausgangsspannung kann man mit einem kleinen Spindeltrimmpoti einstellen. Perfekt für meine Zwecke.

Die kleine Platine mit dem Step Up-Modul und die Kabelage haben dort ausreichend Platz, wo zuvor Motor und Getriebe untergebracht waren. Die Teile kommen in die Bastelkiste. Hier werden sie nicht mehr gebraucht. Als Deckel habe ich eine kleine Kunststoffplatte angefertigt, in der nun der Schalter und eine Kontroll-LED sitzen und die beiden Kabel mit 12 und 24 V herausbaumeln. Bislang funktioniert das alles wunderbar. Mal sehen, was die Verkehrsplaner dazu sagen.

 

 

Thema: Neues aus der Bastelbude | Kommentare (1) | Autor:

Überall „Experten“

Freitag, 23. März 2018 15:04

Da sucht man händeringend nach geeignetem Nachwuchs in der eigenen Branche, dabei muss man nur einmal Twitter und Facebook öffnen und weiß gar nicht, wen man zuerst einstel – äh ohrfeigen soll. Ein autonom fahrendes Fahrzeug kollidiert mit einer Fußgängerin, die ein Fahrrad schiebt. Das ist zweifellos tragisch – wie jeder Unfall mit Personenschaden – aber für einen wie mich natürlich hochinteressant. Etwa genauso interessant, wie die Ergebnisse der Bundesliga für die gefühlt 80 Mio. Fußballtrainer, die regelmäßig vor den Fernsehgeräten und in den Stadien sitzen. In großer Zahl melden sie sich zu Wort, wenn der Ball noch nicht ausgerollt oder die Leiche noch nicht erkaltet, und wissen alles, aber wirklich _Alles_ über den Unfall: Erkennbarkeit, Geschwindigkeiten, aber als allererstes sogar, ob der Unfall vermeidbar war.

Was also tun, wenn man sich mit 20 Jahren Berufserfahrung im Bereich der Unfallrekonstruktion doch irgendwie in der Lage sieht, bereits mit dem nach wenigen Stunden veröffentlichten Material etwas zu dem Unfall sagen zu können (zum Beispiel, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen)? Den Kopf in den Sand stecken, oder in homöopathischen Dosen (hilft ja eh nicht) hier und da mal einen Kommentar ablassen, um wenigstens versucht zu haben, die „Diskussion“ aus einigen Sackgassen wieder hinauszumanövrieren?

Ich komme auf das Thema, weil ich kürzlich hier eine Abhandlung darüber las, was es doch für ein Problem sei, oder warum eigentlich nicht zu den diversen Themen, die die Welt bewegen, geeignete Experten z. B. für Talkshows gewonnen werden könnten, sondern dann immer irgendwelche vermeintlichen Spitzenkräfte eingeladen werden.

Ich weiß ja, was drumherum, z. B. zur Vorstellung des „Experten“, dann für Beiträge produziert werden, denn schon beinahe rührend komisch, aber doch eher an der Grenze zum Fremdschämen ist es, wenn es um Verkehrsunfälle geht, habe ich doch ganz guten Einblick in das echte Geschehen. Zoom auf das Messrad, Totale von der Messlatte. Der „Experte“ in seinem Büro: Interessant, wie behände er zur Tür hineinkommen kann! Genau so stelle ich mir echte Professionalität vor. Er sitzt an seinem Rechner. Mit Warnweste. In der Einblendung liest man „Crashexperte“, „Unfallermittler“ oder so. Und er erzählt wirres Zeug.

Nur mit dem Namen des „Experten“ verbindet man alles andere als einen Fachmann. Man kennt sich ja in der Szene. Denn die echten Experten sehen ihr Gesicht aus Gründen der Seriösität und Reputation eher nicht so gern in windigen Fernsehproduktionen, wollen sie z. B. auch weiterhin im Gerichtsverfahren eine gute Figur abgeben oder nicht mit den falschen Namen in einem Zusammenhang genannt werden .

Damit ist das Problem eigentlich bereits beschrieben: Es melden sich nicht die zu Wort, die wirklich etwas von der Sache verstehen, sondern diejenigen, die meinen, sie hätten die große Ahnung, meistens noch kombiniert mit einem übersteigerten Sendungsbewusstsein und gute Rhetorik.

Und so werde ich es wohl noch ein Weilchen ertragen müssen, dass sich Menschen die Köpfe heiß reden und die Finger wund tippen, obwohl sie keinerlei Ahnung von Kollisionsmechanik und Unfallabläufen, deren Rekonstruktion oder gar der Vermeidbarkeitsbetrachtung haben. Im Hintergrund sammle ich übrigens Material zu dem Unfall, um dann, wenn es an der Zeit ist, vielleicht etwas Tiefgreifenderes dazu zu sagen.

Thema: Ach geh mir wech, Das Leben, das Universum und der ganze Rest | Kommentare (1) | Autor:

Die deutsche Justiz wird digitales Neuland bleiben

Freitag, 2. März 2018 9:39

Gestern war ich auf einer Sachverständigen-Tagung bei der IHK. Da ging es unter anderem auch um die elektronische Akte. Nicht nur, dass man irgendwie in Dateien statt Papierstapel Einsicht nehmen wird, nein, auch die Gutachten sollen natürlich als Dateien eingereicht werden. Dafür soll es irgendwie Signaturtechniken geben. Es wurden bunte Karten und Kartenleser vorgestellt, ähnlich wie man sie auch für das beA (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) benötigt, das gerade eine scheppernde Bruchlandung hingelegt hat. Auch die Vortragende konnte nicht verhehlen, dass diese Lösung nicht besonders „smart“ ist. Es sei bestimmt nur eine Übergangslösung, meinte sie. Dass es die erforderliche Software nur für Windows-Systeme geben soll, ist dabei nur ein Bonmot am Rande.

Interessanter wurde es, als Nachfragen aus dem Publikum kamen, wie denn mit verschiedenen Dateiformaten umgegangen werde, da man bislang praktisch nur von Textdateien ausging. Ich habe dann explizit nachgefragt, ob denn auch Videodateien vorgesehen seien. Der Vertreter der Justiz, ein Richter vom Kammergericht, sagte dazu, dass das definitiv nicht vorgesehen sei. Er sprach dann auch nur von pdf- und tif-Dateien (also auch keine jpgs!).

Derzeit, wo wir noch bedruckte Papierstapel abliefern, haben wir das Problem, Simulationsberechnungen von Unfallabläufen, die wir auf dem Rechner als Film ablaufen sehen, als Sequenzen von Einzelbildern erstellen und ausdrucken zu müssen. In Einzelfällen liefert man dann eine CD-Rom oder DVD mit den Filmdateien dazu. Ich habe auch schon Filme bei Youtube hochgeladen („nicht gelistet“) und den Link im Gutachten als QR-Code verteilt. Letzteres kann man natürlich auch in Zukunft machen. Nur, wenn man doch schon die Möglichkeit hat, Dateien hochladen zu können, warum dann nicht auch Filme?

Vielleicht schafft es ja wenigstens das gute alte, nicht tot zu kriegende animated gif in die Liste zulässiger Dateien. Für kurze Sequenzen ginge das ja. Up to date ist anders. Aber was will man von einer der konservativsten Branchen schon erwarten?

Thema: Ach geh mir wech | Kommentare (1) | Autor: