Der den Frauen die Köpfe verdreht

und auch den Männern … Was für eine Woche!

Eine Woche lang „Don Giovanni“. Ich versteh ja nichts von Opern. Das erste, was ich daher mit „Don Giovanni“ verbinde, ist nicht etwa die Oper von Mozart über einen Frauenhelden, sondern das herrliche Boot von Anna-Blume-Bootcharter, mit dem wir 7 Tage lang über die Gewässer nördlich von Berlin schippern durften. Hier ist es:

Don Giovanni

Schick, oder? Man glaubt gar nicht, wie viele Leute gar nicht fassen können, dass es sich dabei um ein Charterboot handelt. In jedem Hafen und jeder Schleuse wird man auf das tolle Boot angesprochen. Wer sich auch auf der Straße mit stilvollem Beförderungsgerät umgibt, ist mit sowas auf dem Wasser einfach glücklich. Es macht echt Spaß, so etwas Schönes zu bewegen. Wer will da schon z. B. in so einer Charterdose Modell Joghurtbecher sitzen? Es war das erste Mal, dass wir (meine Beraterin in allen Lebenslagen und ich) allein auf große Tour gegangen sind. Von Mildenberg (Zehdenick) aus sollte es nach Rheinsberg gehen und zurück, mit ein paar Abstechern, mal hierhin, mal dorthin. Freitag mittag ging es los. Chartermeister Günter meinte, bis Bredereiche würden wir es trotz der vier Schleusen noch gut schaffen. Das stimmte. In aller Seelenruhe konnten wir unsere ersten Schleusen- und Anlegeerfahrungen machen, bevor wir uns erst im Gasthaus „Zur Fähre“ in Bredereiche stärkten und danach in die kleine, aber feine Kajüte verkrümelten, hier im unaufgeräumten Teil absichtlich etwas unterbelichtet.

Unter Deck

Huhu, Vorschoter!

Wichtig neben einem bequemen Boot ist natürlich auch noch eine verlässliche Mannschaft. Darum darf ich an dieser Stelle unseren kleinen pelzigen Vorschoter vorstellen, der sich immer mal wieder ins Bild geschummelt hat. Da wir schon ahnten, dass der direkte Weg nach Rheinsberg uns zu schnell ans Ziel bringen würden, fuhren wir erst mal nach Lychen. Dort im Hafen gab es zwar keine Dusche, davor konnte man aber in die Fluten springen. Das machten wir erst zaghaft über die Badeleiter am Heck, wobei insbesondere das Eintauchen in der Bauchnabelregion dauerte,  nach Kontrolle der Wassertiefe dann aber mit zunehmenden Temperaturen auch gern mit einem Sprung von Deck. In Lychen gab uns der Hafenmeister den Tipp, das Restaurant am Stadttor zu besuchen. Dort gab es neben lecker Essen auch noch Livemusik. Statt Eintritt zu nehmen hat man dort die Preise moderat angehoben. Finde ich voll in Ordnung. Die Band „Goodbye Gravity“ hat in angenehmer Lautstärke viele bekannte Stücke gecovert. Ein schöner Abend geht mit einem sternenklaren Himmel zu Ende:

Sonnenuntergang in Lychen

Am nächsten Tag wollten wir eigentlich nur bis nach Fürstenberg. Die Strecke hatten wir aber schnell hinter uns gebracht, so dass wir weiter bis nach Priepert geschippert sind. Tjoa. Da lag man dann im Yachthafen neben zig anderen Booten. Immerhin musste ich das erste Mal rückwärts „einparken“. Das hat aber erstaunlich gut geklappt, auch weil der dortige Hafenmeister die nötige Zuversicht ausstrahlte. Überhaupt waren die Leute dort insgesamt sehr freundlich!

Das erste Mal rückwärts eingeparkt mit'm Boot!

Am nächsten Tag haben wir dann Rheinsberg erreicht. Glücklicherweise waren wir dort schon recht zeitig, weil es doch ziemlich anfing zu gewittern. Man hörte hinterher wahre Schauergeschichten von gekenterten Booten auf der Müritz und so! Wir haben uns stattdessen das nette Städtchen und Schloss Rheinsberg samt Park angesehen. Wirklich ein lohnendes Ziel der Reise!

Schloss Rheinsberg

Am Steg hatten wir für kurze Zeit einen netten Nachbarn mit einem hübschen Holz-Jollenkreuzer. Ein herrliches Boot! Aber auch unglaublich aufwendig im Unterhalt. Der Nachbar hatte nur kurz zum Einkaufen angelegt. Bier war alle. Im Bildhintergrund kann man noch gut den Gewitterhimmel erkennen.

Beauties

Am nächsten Tag ging es dann im Prinzip schon auf den Rückweg. Das Ziel war nun Fürstenberg. Dafür müssen wir uns bei nächsten Mal unbedingt mehr Zeit nehmen! Denn, eins stand schon deutlich vor dem Ende unserer Reise fest: Es wird ein nächstes Mal geben! Es gibt ja noch so viel zu entdecken.

Wir hatten ja genug Zeit, also wurde mal wieder geankert. Es ging nicht nur im Kopfsprung in die Fluten, sondern ich konnte auch mein mitgebrachtes Modellwasserflugzeug noch einmal ausprobieren. Ich hatte eine winzige Kamera untergeschnallt, und heraus gekommen ist dieses Video. Ziel war natürlich, schöne Überflüge über das Boot zu filmen. Naja, Bildqualität und Fluggeschwindigkeit stehen dem entgegen, aber ist doch trotzdem ganz schön geworden:

Von Fürstenberg aus wären wir im Prinzip schon in einem Rutsch wieder nach Mildenberg gekommen. Aber was sollten wir da? Also haben wir Templin angesteuert. Das hieß: 6 Schleusen und zum Teil langsame Fahrt in den Templiner Gewässern. Aber wir kamen an den vier Schleusen zwischen Bredereiche und dem Abzweig nach Templin gut durch, wenn man von einem kleinen Zwischenfall absieht:

Wir wunderten uns schon, warum das Ausfahren aus der Schleuse der Schleusung vor uns so lange dauerte, bis eine Frau von der stattlichen Yacht kletterte und vom Schleusentor aus den wartenden Booten zurief: „Kann uns mal einer rausschleppen? Unser Motor springt nicht mehr an!“ Wir lagen an erster Position und ich hatte ja inzwischen auch eine zweistellige Stundenzahl am Steuerrad gestanden. Also nichts wie los. Alles in der gebotenen Ruhe und Umsicht: Wenden, rückwärts heranfahren, Leine von meiner Beraterin in allen Lebenslagen annehmen lassen. Und Schub. Ups. Keine Maschine? Also auch kein Rückwärtsgang. Zunächst übrigens nicht mal jemand am Steuerstand, weil vor lauter Aufregung die gesamte Charterfamilie meinen Bootsfahrkünsten zuschaute. Irgendwann war der Vater wieder am Ruder.

Mir war inzwischen klar geworden, dass ich erstens keinesfalls zu viel Schwung in die Sache bringen durfte, weil der Kahn ja nicht bremsen konnte. Und zweitens war der Anleger nicht lang genug für 2 Boote, also habe ich den Havaristen im Schlepp nur an den Anleger gezogen, Kommando zum Überwerfen der Leine an einen Passanten gegeben, der die Lage dank Hinweise meiner Beraterin in allen Lebenslagen gleich checkte, und bin abgedreht wieder in Richtung Schleuse. Einmal längs der wartenden Boote schallte mir der Applaus von dort entgegen. Wow!

Schleuse Kannenburg

Fährt man Richtung Templin, kann man an der Schleuse Kannenburg noch echten Handbetrieb erleben. Natürlich hat man für den Schleusenwärter einen kleinen Obolus griffbereit! In Templin angekommen hab ich meine Bootsfahrkünste vom Mittag gleich wieder revidiert. Könnte man jedenfalls meinen. Wir wollten eigentlich mit dem Heck zum See anlegen, dann hätten wir nämlich abends noch einen schönen Blick über den See gehabt. Der Hafenmeister gab uns aber zu verstehen, dass wir anders herum anlegen sollten. Also wenden. Kein Problem, wären da nicht die widersprüchlichen Kommandos, mal links, mal rechts, zu mir durchgedrungen. Mit dem Ohr an der seitlichen Plane vom Bootsverdeck hört man nicht so gut. Also bin ich mal so rum, mal so rum gefahren. Hätte man mich einfach machen lassen, wäre das wesentlich geschmeidiger gewesen. Na egal, wir sind ja angekommen, und das ohne Feindberührungen.

Templin

Hinter uns lag übrigens noch ein weiteres Boot der Anna-Blume-Flotte, der/die wunderschöne Edmond Dantès, hier beim Verlassen des Hafens am nächsten Morgen. Wir kamen mit den Chartergästen ein bisschen ins Gespräch. Sie hatten bei einem früheren Aufenthalt echt Pech gehabt: Ein „Mietyoghurtbecher“ aus einer Billigheimerflotte war wohl so dreckig, dass die Tomatensoße noch in der Kombüse klebte und die Bettwäsche fleckig gewesen sei. Wenn die Anfahrt über mehrere hundert Kilometer nicht gewesen wäre, wäre man gleich angeekelt umgekehrt. Aber so habe man das in Kauf genommen. Unglaublich, was einem woanders für sein gutes Geld vorgesetzt wird. Mit solchen Ängsten braucht man bei „unserer“ Flotte nicht zu leben. Das steht aber mal fest!

Edmond Dantès

Wir sind noch ein bisschen nach Osten in den Templiner Gewässern rumgeschippert. Da es aber leider zu kühl war, war nichts mehr mit Ankern und Baden. Nachdem ich dieses Foto geschossen hatte, sind wir dann auch umgedreht. Aber das musste ich einfach festhalten. Ein Bild für die Götter!

Gertrud, gib Gas!

So sind wir schon recht zeitig am Nachmittag wieder in Mildenberg gewesen. Dort konnten wir schon ein bisschen klar Schiff machen, bis der allerbeste Günter noch vorbeikam und uns beim Abpumpen des Schmutzwassers und beim Tanken half. Gut. Eigentlich war es andersherum: Wir haben ihm geholfen. Oder noch besser: Wir haben versucht, möglichst wenig im Weg zu stehen.

Nach Edmond Dantès traf in der Dämmerung auch noch das Mutterschiff der Flotte, die Anna Blume ein. So schliefen drei Boote der Flotte friedlich nebeneinander, samt Besatzung im Heimathafen, dem neuen Hafen am Ziegeleipark in Mildenberg.

Anna Blume Mutterschiff

Am nächsten Morgen erwartete uns erst der Dunst über den Gewässern und dann leider der angekündigte Regen.

Morgen

Daher fiel die beabsichtigte Besichtigung des Ziegeleiparks leider aus. Aber auch das können und werden wir nachholen. Als Wermutstropfen blieb (zunächst) der Verlust des Eherings meiner Beraterin in allen Lebenslagen. Ein paar Tage später klingelte das Telefon mit einer unbekannten Nummern, aber bekannten Stimme: Günter hatte ihn gefunden und zwei Tage später lag er (der Ring) im Briefkasten. Danke! Es war ein super Urlaub. Wirklich toll, wie sehr man keine 100 km von Berlin entfernt so sehr in eine andere Welt eintauchen kann. Erholung von der ersten bis zur letzten Minute.

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Datum: Donnerstag, 30. August 2012
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7 Kommentare

  1. 1

    Das hört sich echt toll an. Muss ich mir auch mal überlegen…

  2. 2

    Schöner Bericht! Und nun die obligatorische Frage: Was kostet der Spaß pro Woche?
    Gruß Alex

  3. 3

    Guckst du hier:
    http://www.anna-blume-charter.de/de/Charter/belegung/preise.htm

  4. 4

    Danke für den Super-Bericht! Der Hafenmeister in Templin ist übrigens berüchtigt für seine Anweisungen zum Rückwärtsanlegen. Er hat zwar manchmal gute Tage, an denen er freundlich und hilfreich ist, aber meist verhält er sich anscheinend ziemlich daneben. Vielleicht müssen wir im Interesse unserer Gäste nochmal ein ernstes Wort mit ihm reden.
    Alternativ kann man in Templin gleich oberhalb der Schleuse beim Restaurant Rossschwemme anlegen. Da sind sie supernett, aber der Hafen ist recht klein. Der Don sollte aber noch reinpassen.

  5. 5

    Ach, der Hafenmeister war soweit ganz freundlich. Ich hätte mich einfach nur durchsetzen müssen und so fahren, wie ich es für richtig halte.

  6. 6

    Schade nur, dass so eine Tour hier auf dem Lech nicht möglich ist…

  7. 7

    […] Reise mit ungewohntem Verkehrsmittel vor und da kommt mir Will Sagens Bericht über seine 7-Tage Boots-Tour nördlich von Berlin vor die Linse. Boote finde ich ja generell super – so als Nichtschwimmer. Aber die “Don […]