Wir bauten ein Haus. Und es wurde fertig.

Einmal im Leben baut man ein Haus für sich selbst. Naja, manche vielleicht auch öfter, manche gar nicht.

Egal. Wer ein Haus baut, überlegt sich das gut: Was kostet das überhaupt, woher kommt die Kohle, steht mir der Finanzrahmen für die Abzahlung voraussichtlich für die nächsten 20 bis 30 Jahre zur Verfügung? Das sind die Fragen, die den jungen Bauherren als erstes umtreiben.

Mein Dorf IIch habe auch schon ein Haus gebaut. Naja, nicht so ganz. Meine Liebste, mich und eine befreundete Familie zog es in die gleiche Gegend. Wir beschlossen, ein Doppelhaus zu bauen, wie man so sagt, also bauen zu lassen. Es wurden Pläne geschmiedet, Grundstücke angesehen, Termine mit Banken, Bauunternehmen, Architekten vereinbart, bis irgendwann der Plan reifte: Wir nehmen – zur Kostenersparnis – die Ausschreibung der einzelnen Gewerke und die Bauleitung selbst in die Hand. Die Planung ließen wir von einer Architektin machen. Viele andere Details konnte meine Liebste als Frau vom Fach durchdenken. Meinem Freund und mir war es auf dem Weg zur Arbeit möglich, es so einzurichten, dass wir praktisch täglich zweimal an der Baustelle anhalten und nach dem rechten sehen konnten. Als Maschinenbauingenieure sind wir zwar nicht direkt vom Fach, aber einen gewissen Blick und Verständnis für technische Dinge hat man ja doch. Zur Not war sogar ein Blitzbesuch in der Mittagspause machbar.

Und wenn wir nicht hätten gewährleisten können, dass wir mehr oder weniger ständig mit entsprechendem Sachverstand den Baufortschritt hätten überwachen können, hätten wir das nie und nimmer gemacht. Was man da so zu sehen bekommt: Ich erinnere mich noch wie heute, wie der Maurerlehrling den Kran bedienen durfte und mit einem Speiskübel, der wild hin- und herschaukelte, gleich mal eine Kellerwand, die ein anderer gerade errichtet hatte, einreißt. Oder wie der Blitz in den Kran eingeschlagen ist und damit bei den schon in die umliegenden Häuser eingezogenen Nachbarn die Elektronik der Heizungsanlagen zur Strecke gebracht hat. Für uns war schlimmer, dass erst mal der Kran ausgefallen war. Die Pflastersteine (gerumpelt), die nicht vor Hausnummer 98, sondern vor 78 abgekippt wurden. „Das Badezimmer hat ja gar keinen Lichtschalter mehr.“ Bedröppelte Gesichter bei Fliesenleger und Verputzer, die gegenseitig mit dem Finger aufeinander zeigten und wie aus einem Mund sagten: „Er ist schuld!“ Der eine hat die Dose übergeputzt, ohne dass so ein kleines Fähnchen durch den Putz schaute, der andere hat dann gleich mal seine Fliesen drüber geklebt. Da musste der Bauherr erst zeigen, wie er anhand der selbst aufgenommenen Baufortschrittsfotos und einer fotogrammetrischen Auswertung die Bohrkrone an den nagelneuen Fliesen ansetzte  und die Schalterdose millimetergenau wieder zu Tage förderte. Undsoweiterundsofort. Baustandard halt.

Erster Spatenstich war im Sommer. Zur Jahreswende konnten wir einziehen. Gut, es war noch nicht alles fertig, ein paar Fußbodenfliesen fehlten hier und da noch, und Zufahrt und Garten mussten noch angelegt werden. Aber alles war überschaubar und im Großen und Ganzen auch handwerklich ohne Extremkatastrophen verlaufen. 5 Monate bis zum Einzug sind für ein gemauertes Haus mit Keller keine schlechte Zeit. Da werden mir sicherlich andere Bauleute zustimmen. Wir haben den Kostenrahmen eingehalten und mit einiger Eigenleistung blieb noch die Möglichkeit, das Bafög-Darlehen auf einen Schlag zurückzuzahlen.

Wenn ich aber technisch keine Ahnung und habe, mir der Baufortschritt vor allem Anfangs eher nicht so wichtig ist, ich nicht erkenne, dass 3 Wochen vor Bezug allerallerallerspätestens der Zeitpunkt ist, an dem nach erfolgter Abnahme die Ausbesserungen vorgenommen worden sein müssten und ich zu dem nicht mein eigenes Geld in den (märkischen) Sand setze: Dann, ja dann endet das im Desaster: Jeder macht auf der Baustelle, was er will. Handwerker stehen sich gegenseitig im Weg rum oder kommen gar nicht, weil man keinen Druck macht. Man hat keinen Überblick, was im Verborgenen überhaupt passiert ist. Nur dann, wenn man wirklich überhaupt keine Ahnung hat und gleichzeitig an völliger Selbstüberschätzung leidet, kann man erst auf den dummen Gedanken kommen, dass man das billigste Angebot eines Generalunternehmers durch eigenverantwortliche Ausschreibung und Bauleitung unterbieten kann. Es konnte einfach nicht gutgehen, was da in Schönefeld geplant war. Unmöglich. Das war Scheitern mit Ansage.

Loburg15Aber wie schön, dass sich ein paar Leutchen hinstellen und die „Verantwortung“ übernehmen! Die Verantwortung, da fragt mal ein paar Bauherren, die Verantwortung wirkt sich normalerweise direkt auf den eigenen Kontostand aus. Jede Panne,  die man nicht postwendend einem Betrieb anlasten kann, zahlt man selbst. Tür im Gästeklo stößt ans Waschbecken, weil das doch eine Nummer größer sein sollte? Du hast es bestellt, ohne nachzudenken? Zahlst du selbst. Nicht ausreichend Parkett bestellt,weil du den Verschnitt falsch berechnet hast und jetzt ist die Charge nicht mehr lieferbar? Viel Spaß mit dem Farbunterschied. Oder einmal alles auf Anfang: Rausreißen und neumachen. DU warst es, der die Lieferadresse für die Pflastersteine falsch angegeben hat? Dann frag gleich mal, was der Lkw und der Radlader kosten, um die Steine wieder aufzuladen und 100 m weiterzubringen.

Verantwortung übernehmen. Pah. Das ist nicht lache. Ja klar. Jedes politisch gewollte Bauwerk hat eine imaginäre Kostengrenze, von der man meint, dass man – wider besseres Wissen – die wahrscheinliche Summe (die man eh noch mindestens verdoppeln muss) lieber nicht sagt. Das ist Betrug am Bürger. Nichts anderes. Geht dahin, wo der Pfeffer wächst, und ihr werdet es schaffen, dass die Pfefferpflanzen eingehen.

 

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Datum: Donnerstag, 10. Januar 2013
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3 Kommentare

  1. 1

    Ich weiß schon, wieso wir ein Fertighaus gebaut haben…

  2. 2

    Der Spruch mit dem Pfeffer ist genial.

  3. 3

    Das habe ich vor 5 1/2 Jahren schon geschrieben. Vollste Zustimmung, ab einer gewissen „Machthöhe“ kann man völlig ohne Verantwortung und somit ohne Skrupel oder Wissen agieren.