Lobos Irrsinnspolitikingenieure

Ich lese Sascha Lobos Spiegelkolumne ja echt gern. Kaum einer vermag aktuelle Gedanken zum politischen Netzwesen besser auf den Punkt zu bringen als er. Ich mag das. Bis gestern. Seit gestern ist seine neueste Kolumne online. Ich finde die Kolumne immer noch gut, aber sie hinterlässt ein Fragezeichen bei mir.

Bis auf zwei Worte hat er mal wieder an jeder Stelle Recht. Als erstes stolpere ich über den Begriff „Irrsinnsingenieure“ in der Überschrift. Weiter im Text findet man dann noch „… hergestellt von den Politik-Ingenieuren der Koalition“. Hm.

Ich bin ja auch Ingenieur. Und darum frage ich mich, was er damit sagen will. Ich hatte ihn kurz auf Twitter gefragt, ob ich mich an Ingenieur als neues Schimpfwort gewöhnen müsse. Leider hat er mir bislang nicht geantwortet. Wahrscheinlich hat er das auch gar nicht mitgekriegt, dass ich gefragt habe.  Darum muss ich mir mal wieder selbst antworten.

Lobos Text ist durchwirkt mit dem Begriff Irrsinn. Neunmal taucht er auf, unter anderem als Sonder- und Qualitätsirrsinn. Und eben in den Irrsinnsingenieuren. Diese Wortzusammenstellung wirkt auf mich in der Kolumne so, dass der Ingenieur als solcher genau das tut, was man ihm sagt, egal was passiert, egal wie irrsinnig das ist. Nach dir die Sintflut, aber erst das Ohmsche Gesetz aufsagen. Der Ingenieur hat keinen Sinn für die Frage nach dem „Cui bono“. Und eigentlich meint Lobo ja nicht Ingenieure mit dem Begriff „Ingenieure“, sondern Politiker. Und wegen dieses Vergleichs fühle ich mich auf den Schlips getreten. Politiker. Pah!

Lobo benutzt das Bild des Ingenieurs mit der Attitüde des gewissenhaft 1:1 umsetzenden Technokraten und Befehlsempfängers, sogar ein bisschen mit einem leichten Braunstich, finde ich. Allein schon durch die Einleitung mit dem Kippenberger-Bild wird ein Nazi-Bezug hergestellt. Klar. Das konstruiere ich gerade ganz wild zusammen. Aber von „Ingenieure“ ist es zu „DEUTSCHE Ingenieure“ (Hartes „D“, gerolltes Rrrr und zwei Finger senkrecht unter der Nase dabei vorstellen) nicht weit.

Ist das so gemeint? Ne, oder? Oder doch? Sind Befehlshaber (und Computerschreiblinge) doch bessere – ja was?- Menschen? Überwiegend-mit-Wasser-gefüllte-Hautsäcke? Intelligentere Wesen? Ich meine, wir Ingenieure haben doch schon im Studium nichts zu lachen gehabt: „Kariertes Hemd und Samenstau – Ich studier‘  Maschinenbau.“ Kennen wir. Das muss ja Folgen haben. Wenn ich mich in den Reihen der Ingenieure umsehe, hat er leider auch mit seinen Irrsinnsingenieuren Recht. Zu dumm. Da gibt’s aber auch ein paar Vögel… Kein Wunder, dass die Ingenieure dank Bologna-Prozess zu einer aussterbenden Rasse werden. Auch dort haben sie an ihren Universitäten und Hochschulen einfach unreflektiert umgesetzt, was man von ihnen wollte. Kein Wunder, dass man sich über uns lustig macht. Also fühle ich mich herzlich willkommen in einer tolpatschig-kleinkarierten-bescheuklappten Klischeerolle und freue mich auf die nächste Lobolumne.

 

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Datum: Mittwoch, 11. September 2013
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