Das Unrecht am eigenen Bild

Die Diskussion um das Foto des Fotografen Martin Langer von dem Mann mit Pissfleck in der Hose, der in den frühen 90ern in Rostock-Lichtenhagen so was wie den Hitlergruß zeigt, ausgelöst durch das Twittern dieses Fotos durch Jan Böhmermann, ist ja an Absurdität nicht zu übertreffen. Besonders hilfreich dank der Kommentar- und Verlinkungsvielfalt ist sicherlich der Beitrag vom Wirren. Ich möchte der Absurdität noch eine weitere Facette hinzufügen.

Ich fotografiere ja auch immer mal wieder Leute auf der Straße. Ohne zu fragen (muss man auch nicht). Aber auch ohne zu fragen, ob ich die Fotos veröffentlichen darf (müsste man!). Ich lege aber Wert darauf, nie Menschen in Posen zu zeigen, die sie diskreditieren oder lächerlich aussehen lassen.

Und so frage ich mich, wie wohl der Mann mit dem (vermeintlichen) Pissfleck (es könnte sich wohl auch um verschüttetes Bier gehandelt haben, aber dann hätte das Bild deutlich weniger Reiz) und auch der daneben stehende Mann auf die ja wohl mit Sicherheit vom Fotografen gestellte Frage reagiert haben, als er um Erlaubnis bat, das Foto veröffentlichen zu dürfen. Das Bild ist auf der Webseite untertitelt mit „Zuschauer während der Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen im August 1992“. Als Teilnehmer öffentlicher Veranstaltungen muss man damit rechnen, fotografiert zu werden, wobei schon fraglich ist, ob das Portraitdarstellungen sein dürfen. Als Zuschauer, damit nicht Teilnehmer, vielmehr zufäliger Zaungast, eröffnet sich aber ein Diskussionsspielraum. Vielleicht ganz interessant dazu:

Wesentlich häufiger als die konkrte Zustimmung sind jedoch die Fälle, in denen die abgebildete Person stillschweigend, in der Sprache der Juristen „konkludent“, in die Aufnahme und deren Veröffentlichung eingewilligt hat. Hier ist wichtig, dass in dem bloßen Dulden der Fotografie noch keine Einwilligung gesehen werden kann. Vielmehr muss die Person zum Ausdruck bringen, mit den Aufnahmen einverstanden zu sein. Dies kann zum Beispiel durch „Posen“ geschehen, sprich die Person merkt, sie wird fotografiert und setzt sich bewusst in Szene. Aber natürlich ist auch die nachträgliche Zustimmung möglich. Wenn eine Person nicht merkt, dass sie fotografiert wird hat sie sich auch nicht konkludent mit der Aufnahme einverstanden erklärt. Um sich hier rechtlich abzusicher, sollte der Fotograf, wenn die Person erkennbar ist, diese nachträglich um eine Erlaubnis fragen.

Quelle

Emporgereckter rechter Arm als Pose und der Aufforderung, mit Fleck in der Hose fotografiert und konkludent veröffentlicht zu werden, oder zufällig dabei abgelichtet worden? Der Fotograf wird es wissen, nehme ich an.

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Datum: Samstag, 31. Januar 2015
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Ein Kommentar

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    […] Das Unrecht am eige­nen Bild “Und so frage ich mich, wie wohl der Mann mit dem (ver­meintlichen) Piss­fleck (es kön­nte sich wohl auch um ver­schüt­tetes Bier gehan­delt haben, aber dann hätte das Bild deut­lich weniger Reiz) und auch der daneben ste­hende Mann auf die ja wohl mit Sicher­heit vom Fotografen gestellte Frage reagiert haben, als er um Erlaub­nis bat, das Foto veröf­fentlichen zu dürfen.” […]

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