Coronisch unterbelichtet #5 – Zwischenbilanz #1

Zwischenbilanz? Klingt nach „Erst die Hälfte rum!“ Vermutlich ist das auch gar nicht so falsch. Vielleicht ist auch erst ein Zehntel rum. Oder es hört nie auf, was am wahrscheinlichsten ist. Aber die Krassizität lässt nach.

Um mich herum nimmt die Zahl der Geimpften zu. Aus immer mehr Ecken kommt die für die Allermeisten erleichternde Nachricht. Nur ganz wenige, leider auch im engsten Kreis, sind in die Richtung der SchwurblerInnen und CoronaleugnerInnen, damit auch ImpfgegnerInnen abgedriftet. Es ist traurig, mit anzusehen, wie jemand, mit dem man früher wirklich gern Zeit verbracht hat und den man als Person geschätzt hat, sich quasi zur „persona non grata“ entwickelt, zu jemandem, bei dem man in einem eventuellen Gespräch extrem aufpassen muss, bloß nicht „Voldemort“ zu sagen. Dann ist der Tag gelaufen, und irgendwann bluten einem einfach die Ohren, wenn man auch noch direkt mit diesem ganzen Humbug überschüttet wird, dem ich seit einem Jahr verhältnismäßig erfolgreich aus dem Weg gegangen und der mich immer nur am Rande gestreift hat. Ich verstehe nicht, wo so viel Menschenverachtung herkommt. Und so viel Dummheit. Immer wird damit „argumentiert“, dass es ja nur so wenige Tote gibt oder dass nicht mal 2% (Zahl verändert sich) überhaupt an Covid19 erkrankt seien. Darum geht es aber gar nicht.

Es geht nicht darum, alle Menschen vor dem Virus zu schützen. Es geht einzig und allein bei den vom Staat angeordneten Maßnahmen darum, dass die Menschen, aus denen das medizinische Personal besteht, nicht Entscheidungen treffen müssen, ob sie nun diesen oder jenen Kranken als erstes behandeln. Um nichts anderes geht es. Das ist nicht so schwer zu kapieren.

Ich hab keine Ahnung, ob das so stimmt, aber als Beispiel geht es: Ich sage einfach mal, dass sich in einer Stadt von 100.000 Einwohner 10 Leute am Tag den Arm brechen. Also ist die medizinische Einrichtung dazu in der Lage, diese 10 Leute zusammen mit allen anderen Kranken zu behandeln. Sind es 12 oder 13, muss man vielleicht schon länger warten auf der Rettungsstation. Mit Corona ist nun eine Krankheit hinzugekommen, die hoch infektiös ist. Dafür ist aber keine der bisherigen Krankheiten weggefallen. In Deutschland haben wir das Glück, ein – trotz aller Unzulänglichkeiten – ziemlich gutes Gesundheitssystem zu haben, das erst mal etliche zusätzliche Kranke aufnehmen kann. Und dennoch stößt man an die Grenzen, so dass z. B. unter Umständen notwendige Operationen aufgeschoben werden.

Es macht auch wirklich keine große Mühe, Fakten zu checken. Aber wenn einem eben nicht gefällt, was „das Internet“ als gesicherte Erkenntnis anbietet, sucht man sich eben in „seinem Internet“ die Schwurblerei, die einem gefällt. Leider ist ja auch die Impferei Opfer dieser, naja, Hysterie darf man wohl nicht mehr sagen, also überbordenden Aufregung geworden. Wenn ich es nicht vollkommen falsch ausgerechnet habe, ist es 1500x wahrscheinlicher an einer Corona-Infektion zu sterben, als ernsthafte Impffolgen zu erleiden. Klar. Ich kann die Bedenken auch nachvollziehen: Eine Corona-Infektion sucht man sich nicht aus, die fliegt einem schicksalhaft zu (und als Coronaleugner befürchtet man ja auch nicht viel). Aber eine Impfung ist ein gezielt, bewusst eingegangenes Risiko. Erst mal ne Zigarette anstecken und in Ruhe drüber nachdenken …

Glücklicherweise sind die allermeisten Leute ja vernünftig. Es ärgert mich, dass einer sehr lauten, aber sehr kleinen Minderheit so viel Platz in den Medien, aber auch von der Polizei auf den Straßen eingeräumt wird. Wo am 1. Mai der Schwarze Block in die Gosse gespült wird, die einzigen, die sich echt trauen, den Nazis eins auf die Glocke zu hauen, äh, in die Schranken zu weisen, bekommen die staats- und vor allem menschenfeindlichen SchwurblerInnen und CoronaleugnerInnen beinahe den blauen Teppich ausgerollt. Und in den sogenannten Sozialen Medien ist es dann auch gar nicht so schön, mitzukriegen, wer aus dem Bekannten- und Freundeskreis Nachrichten in der Richtung bejubelt, likt, weiterleitet, teilt und so weiter. Das hat schon zu diversen Maßnahmen geführt: Leute „dekontaktiert“ (entfreundet klingt komplett bescheuert), auf Twitter alle Retweets abgeschaltet, auf WhatsApp Gruppen verlassen, Benachrichtigungen abgeschaltet und so weiter.

Ob die staatlichen Maßnahmen, die ja rauf und runter diskutiert werden, richtig oder geeignet sind für die Eindämmung, kann man nur beantworten, wenn man sich damit beschäftigt, was man erreichen will. In Deutschland hat man wohl den Weg gewählt, das Leben vieler etwas länger, aber nur wenig einzuschränken, nur bei wenigen sehr stark. Dafür dröhnt der Wirtschaftsmotor mehr oder weniger ungestört weiter. Die Forderung nach dem „Alles dichtmachen“  (und damit meine ich nicht diese unkomische Kunstaktion) ist aus meiner Sicht von vielen gar nicht zu Ende gedacht. „Alles dichtmachen!!! Ok, aber meine Blödzeitung will ich trotzdem lesen und Brötchen will ich auch kaufen.“ Schwierig, da eine Grenze zu ziehen, was man zulässt und was nicht. Denn so eine Pandemie ist verdammt teuer. Und derzeit, so vermute ich, ohne es konkret zu wissen, fährt man einen Kurs, der die nachfolgenden Steuerzahlergenerationen verhältnismäßig wenig belasten dürfte, wenn man quasi immer eine relativ große Zahl an zu behandelnden Kranken über einen längeren Zeitraum zulässt, der mit zunehmender Impfquote langsam enden wird. Ein kurzer harter, sog. Lockdown kann die Gefahr in sich bergen, dass die Pandemie wieder aufflammt, bevor viele geimpft worden sind. Ich weiß ja auch nicht, was richtig ist, aber ich verstehe, wie man zu den jetzigen Entscheidungen gekommen sein könnte. Und man muss ja auch sagen, dass alles, wirklich alles, was an Entscheidungen getroffen wird, von irgendeiner Gruppe in Frage gestellt wird. Man kann es eh niemandem recht machen.

Corona zerrt an den Nerven, die verständlicherweise bei einigen sehr blank liegen. Da kann ich in meiner Lebenssituation nur von Glück reden, dass eigentlich alles ganz gesittet verläuft und sich eigentlich ganz gut organisieren lässt, auch in der Firma. Wenn es gut läuft, wird wohl im Herbst wieder langsam Normalbetrieb möglich sein. Vielleicht kann man die Maßnahmen dann auch komplett zurückfahren. Aber die Folgen werden uns noch lange begleiten. Menschen haben Freunde verloren oder leiden gesundheitlich, das Virus wird auch nicht weggehen, sondern es kann allenfalls die Verbreitung so weit eingedämmt werden, dass die Gesundheitssysteme wieder funktionieren. In der nächsten Pandemie machen wir alles besser.

Ich lasse es an dieser Stelle erst mal auf sich bewenden. Irgendwann schreibe ich mal in einer zweiten Zwischenbilanz weiter.

 

 

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Datum: Donnerstag, 29. April 2021
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