Coronisch unterbelichtet #4 – Zahlungsziel 2 Monate

Erst riefen sie an, jetzt schicken sie Mails. Das ist für eine deutsche Behörde schon recht erstaunlich. Gemeldet haben sich mehrfach Berechnungsstellen von Gerichten, wir sollen doch bitte schön endlich aufhören, Mahnung zu schicken. Am Telefon hieß es dazu, wir wüssten doch schließlich, dass sie im Frühjahr wochenlang nicht gearbeitet haben.

Folgende Mail erreichte uns jetzt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihre Nachricht.

Der derzeitige Bearbeitungsstand beträgt durchschnittlich 2 MONATE.
Dieser wird regelmäßig aktualisiert und ist unter https://www.berlin.de/gerichte/amtsgericht-tiergarten/das-gericht/besucherinformationen/oeffnungszeiten/#ezds
einsehbar.

Wir bitten von Anfragen zum Bearbeitungsstand bzw. von Mahnungen abzusehen, die in diesem Zeitraum liegen. Die Abarbeitung der Anträge erfolgt chronologisch nach Eingangsdatum in der Berechnungsstelle. Mahnungen führen nicht zu einer bevorzugten Bearbeitung.

Anliegen, die einen bestimmten Sachbearbeitenden betreffen, werden weitergeleitet.

Die Berechnungsstelle ist bemüht, Ihre Anträge schnellstmöglich zu bearbeiten.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Berechnungsstelle

Wie ich finde, hab ich darauf ganz gut geantwortet:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Problematik ist hier bekannt, gleichwohl können wir auf Zahlungserinnerungen nicht verzichten. Es hat sich in anderen Fällen zugetragen, dass Berechnungsstellen nach späteren Mahnungen behaupteten, nie eine Rechnung von uns bekommen zu haben. Da dann teilweise die Dreimonatsfrist abgelaufen war, hat man uns die Zahlung verwehrt. Deswegen werden wir zukünftig nach rund 7 Wochen mahnen und dabei auch die Rechnung erneut übersenden. Unser Mahnschreiben ist bewusst freundlich gehalten, so dass Sie sich auch nicht angegriffen zu fühlen brauchen. Nichtsdestotrotz sehen wir aufgrund unwägbarer Postlaufzeiten für eine längere Aussetzung der Zahlungserinnerung keinen Raum.

Auch unser Büro sieht sich aufgrund der gegenwärtigen Situation erheblichen Herausforderungen ausgesetzt. Obwohl wir im Frühjahr 2020 mehrere Wochen lang für den überwiegenden Teil unserer erstellten Gutachten gar keinen Zahlungseingang verzeichnen konnten, war es uns stets möglich, die Gehälter aller MitarbeiterInnen rechtzeitig zu zahlen und auch allen anderen Verbindlichkeiten wie Miet-, Internet- und Telefon- sowie Versicherungskosten nachzukommen, um nur ein paar zu nennen. Bei Zahlungszielen von zwei Monaten und mehr nähern wir uns jedoch einem Bereich, der nicht mehr akzeptabel ist. In der Privatwirtschaft würde man da längst über ein Mahnverfahren nachdenken.

Niemand von uns hat die derzeitige Situation gewollt. Wir haben in unserem Büro sehr frühzeitig alles unternommen, unseren Beitrag zu leisten, die Infektionszahlen gering zu halten. Und gleichzeitig sind wir guter Hoffnung, dass wir alle, womit ich Sie einschließe, die Situation erfolgreich meistern werden. Leider jedoch wurde in Gesetzen mit einzuhaltenden Fristen eine solche Situation nicht berücksichtigt.

Mit freundlichen Grüßen

Die sieben Wochen sollen dazu dienen, um ihnen wenigstens ein bisschen Feuer unter dem Hintern zu machen. Im Übrigen räumt sich die Justiz regelmäßig im Gesetzgebungsverfahrens des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes einen „Justizrabatt“ ein. Man sei ja verlässlicher Zahler. Ja meistens, nur dass man dem Staat dauerhaft einen zinslosen Kredit in nicht unerheblicher Höhe gewehrt. Und vom Ärger, den wir mit Berechnungsstellen wegen absoluter Kleinigkeiten haben, will ich gar nicht erst anfangen zu reden: Dass man dort Rechnungen um Beträge kürzt, die geringer sind als das Porto für den Brief, um uns das mitzuteilen, ist nämlich durchaus üblich. Da spielt auch Corona keine Rolle, wo man mal ein bisschen Gas geben könnte.

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Datum: Samstag, 9. Januar 2021
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