Kulturoffensive #1: "Hilde"

Im Rahmen unserer Aktion „Kultur galore“ war gestern Abend die Premiere von „Hilde“ im Special-Programm der Berlinale.

f-stadt-palastEs war die erste wirklich große Kinopremiere, der meine Teuerste und ich beiwohnten. Das Spektakel fand im Friedrichstadtpalast statt. Das ist eigentlich ja kein Kino, sondern ein Revuetheater. Also hatte man eine ziemlich große Leinwand aufgebaut, damit die rund 1.600 Leute etwas sehen konnten. Ganz großes Kino also. Um den Eingang des Friedrichstadtpalasts zu erreichen, durften/mussten wir sogar über den roten Teppich gehen/schreiten.

Wir hatten Karten „Parkett C rechts“ (die kosteten übrigens 9,50 Euro. Sehr moderat, wie ich meine). Hörte sich erst ziemlich weit vorn/unten/außen an. Wir trösteten uns zunächst damit, dass wir dann die Künstler besser aus der Nähe sehen könnten, weil die sich sicherlich auf der Bühne versammeln würden. Es kam dann aber anders, weil unsere Plätze ziemlich weit oben, schätzungsweise in der 20. Reihe waren. Wir waren auch schon eine Stunde vor Vorstellungsbeginn (21.00 Uhr) dort. Beste Sicht auf die Leinwand und die eintreffenden Stars.  Nur ist es ziemlich eng im Friedrichstadtpalast, wenig Beinfreiheit. Das merkte ich am Ende der Veranstaltung an meinen verdrehten Knien. Einige deutlich später kommenden Leute, meist in schicker Abendgarderobe, muckierten sich, dass Frühkommer ihre Plätze mit ihren Jacken belegt hatten und noch ein Getränk schlürften. „Das ist ja wie im Robinson-Club mit den Handtüchern auf den Liegestühlen.“ Im Gegensatz zum Robinson-Club, wo es an einem selbst liegt, wann man aufsteht, um sein Handtuch zu werfen, öffneten im F-Stadt-Palast für alle gleichzeitig die Tore, Verehrteste.

saalWir saßen also brav eine gute halbe Stunde auf unseren Plätzen, bis das Licht verdunkelt wurde und mit ordentlichem Applaus das Staraufgebot und Produktionsteam begrüßt wurde. Das war schon toll für uns „Ex-Landeier“. So dicht dran ist man ja doch selten. Schön war auch, dass der Film ohne Werbung startete.

Der Film zeigt den Abschnitt von Hildegard Knefs Leben zwischen dem zweiten Weltkrieg und dem großen Auftritt in der Philharmonie 1966. Ich wüsste nicht, welche deutsche Schauspielerin die Knef besser darstellen könnte als Heike Makatsch. Sie hat „das gewisse Etwas“. Sprache, Stimme, Aussehen: Es passt wirklich sehr gut. Perfekt sage ich mal nicht, aber sie ist verdammt dicht dran. Möglicherweise stört genau das gerade die wahren Knef-Verehrer: Die Knef kann man nicht kopieren. Darum bringt Heike Makatsch, die alle Songs selbst singt, ihre eigene Interpretation ohne am Original zu scheitern (denn, mal ehrlich: Richtig gut singen im klassischen Sinne konnte Hildegard Knef auch nicht). Allerdings singt Makatsch schätzungsweise eine Terz höher.

Um den zeitlichen Rahmen abzustecken, beginnt der Film quasi kurz vorm Ende: Knef kommt vor dem Konzert in Tempelhof an und fährt von dort zur Philharmonie. Dort, in der Künstlergarderobe, kommen Erinnerungen an die Vergangenheit hoch, die in den Kriegsjahren beginnen. Eindringlich werden die letzten Kriegstage in Berlin geschildert, ihr Verhältnis zu ihrer Familie und zu den (diversen) Männern. Man erfährt ihre tiefgreifenden Veränderungen ihres Lebens beim Wechsel nach Hollywood. An dieser Stelle hatte der Film m. E. einige Längen. Kein Wunder: In Hollywood war es wohl für die Knef auch nicht so spannend. Der Film führt dann am Beispiel retrospektiver Geschichten aus dem Leben der Knef auf den große Showdown, den Philharmonieauftritt, hin. Während die Lieder zuvor nur im Off zu hören sind, trägt Makatsch nun „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ raumgreifend vor.

buehneOb man den Film gut oder mittelmäßig findet, hängt vom Anspruch ab. Sieht man das Dokumentarische im Vordergrund, wird man wohl enttäuscht, da der Film sehr episodenhaft und nicht eine minutiöse Nacherzählung ist, die jedes Detail mit der gleichen Intensität darstellt. Wenn man, so wie ich, eher auf etwas mehr als 2 Stunden gute Kinounterhalt mit vertretbarem Tiefgang aus ist, ist man bei „Hilde“ gut aufgehoben. Nicht nur, dass die Stimmung zum Kriegsende und in den Nachkriegsjahren gut rüber kommt: Durch ein paar schnoddrige bis alberne Bemerkungen gibt es auch ein paar wohldosierte Lacher. Uns hat der Film gefallen, zu hohe Ansprüche an die jüngere Kulturgeschichte sollte man aber nicht stellen. Und eines wird auch klar: Wer immer noch meint, Heike Makatsch sei doch diese ehemalige Viva-Moderatorin wird durch ihre schauspielerische Leistung zweifelsohne eines Besseren belehrt.

Dennoch scheint der Film beim Publikum nicht als der große „Brüller“ angekommen zu sein. Am Schluss, als das Team und die anwesenden Schauspieler auf die Bühne gerufen wuren, gab es zwar ordentlich Beifall, aber der große Begeisterungssturm blieb aus. So stand, als sich das Publikum aus dem Saal begab, das Grüppchen immer noch unten auf der Bühne und wirkte etwas verloren. Das scheint aber eine Eigenheit des Berliner Publikums zu sein. Dazu mehr in der nächsten Folge von „Kultur galore“.

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Datum: Samstag, 14. Februar 2009
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