Beitrags-Archiv für die Kategory 'Das Leben'

AfD-ler sind für mich Nazis

Montag, 19. September 2016 8:44

Wenn der Begriff „Nazi“ fällt, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Das hat verschiedene Gründe. In erster Linie bin ich von Kindesbeinen an sensibilisiert worden, dass es sich bei Vertretern dieser Ideologie schlicht um Abschaum handelt. Ihr Denken und Handeln ist darauf ausgelegt, anderen zu schaden, von denen sie meinen, sie würden sich irgendwie rassisch unterscheiden. Sie halten sich selbst für etwas besseres. Außerdem hat meine Mutter den Krieg als kleines Mädchen bewusst miterlebt, die Familie hatte unmittelbar unter den Nazis zu leiden, so dass mir aus erster Hand von damals berichtet wurde. Das reicht bei mir hoffentlich für ein Leben, um niemals solchen Schergen auf den Leim zu gehen.

Nun erleben wir in der Welt, insbesondere auch hierzulande, wie Leute mit solchem Gedankengut wieder Oberwasser gewinnen. Ich habe mich also gefragt, ob man Anhänger der AfD als Nazis bezeichnen sollte. Ich bin zum Ergebnis gekommen, dass das richtig ist.

In den letzten Jahren ist der Nazibegriff wieder salonfähig geworden, aber vielfach auf verharmlosende Weise, wie z. B. der Rechtschreibnazi. Macht jemand auf pingelige Weise darauf aufmerksam, dass etwas falsch geschrieben ist, kommt jemand anders mit dem Begriff Rechtschreibnazi um die Ecke. Auch andernorts wird gewisse Penetranz, auf Einhaltung von Regeln hinzuweisen, gern mit Irgendwasnazi umschrieben. Ich bin kein Freund davon und finde das auch falsch und mache dabei definitiv nicht mit. Die Gräueltaten der Nazis sind im Grunde mit nichts vergleichbar, daher ist jeder Verballhornung gleichzeitig ein Schritt dahin, dass Menschen glauben, ach, so schlimm ist das ja nicht: Ein paar Millionen Menschen abschlachten ist ja das Gleiche wie drei falsch gesetzte Kommas. Klar. Das ist jetzt stark verkürzt und vereinfacht, aber die gedankliche Grundtendenz geht in die Richtung. Man muss sich also fragen, ob die Bezeichnung von AfD-Wählern, -Anhängern und -Mitgliedern auch eine Verharmlosung des Nazibegriffs ist. Und an der Stelle bin ich der Meinung, dass das nicht der Fall ist.

Die AfD und ihre Sprachrohre wirken auf mich so, als sei das der gleiche Duktus, der Ende der 1920, Anfang der 1930er Jahre zum Aufstieg der Nazis geführt hat. Das Handeln einiger Anhänger ist direkt mit Vorkommnissen in den 1930er Jahren z. B. bei der Judenverfolgung zu vergleichen. Noch ein paar strahlende Demagogen mehr und es ist wieder so weit.

Darum werde ich AfD-Leute als Nazis bezeichnen.

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Elternbesuch – eine Zeitreise

Samstag, 12. März 2016 0:02

Meine Eltern sind zu Besuch. Mal abgesehen davon, dass ich mich glücklich schätzen kann, dass sie die für ihr Alter durchaus anstrengende Anreise auf sich nehmen, haben sie immer wieder Spannendes zu berichten.

Kürzlich waren sie auf dem Geburtstag der Tochter meines Cousins und seiner Frau eingeladen. Dort begab sich eine interessante Szene.

Eine alte Dame, um die 90 Jahre alt, stellte sich als Pflichtjahrmädchen (Ich benutze hier gerade wohl eine Vokabel aus den 1930/1940er Jahren) heraus, die im gleichen Stadtteil Osnabrücks tätig war, in dem meine Mutter und ihre Familie wohnte, rund um den Osnabrücker Neumarkt. Der Vater meiner Mutter war Gärtnermeister. Man baute am Stadtrand Gemüse an und hatte am Grünen Brink einen Gemüseladen.

In jener Zeit durften jüdische Bürger erst ab 12.00 Uhr einkaufen, also zu einer Zeit, in der in den Mangeljahren entweder schon alles verkauft war oder nur noch klägliche Reste vorhanden waren. Meine Urgroßmutter, die den Laden betrieb, legte für die Menschen jüdischen Glaubens in Osnabrück stets ein paar Kohlköpfe und ähnliches zurück, damit auch sie etwas zu essen kaufen konnten.

Das wurde von Nazis beobachtet.

Nun berichtete auf obiger Geburtstagsfeier jene alte Dame, dass sie in dem Laden zugegen war, als in den frühen 1940er Jahren ein „wichtiger“ Nazi Osnabrücks, dessen Name seit vielen Jahrzehnten stets in Erzählungen meiner Mutter Erwähnung findet, meiner Urgroßmutter folgendes androhte:

„Wenn Sie die Juden weiterhin versorgen, werde ich Sie erschießen müssen.“

Meine Urgroßmutter sagte darauf:

„Dann erledigen Sie das doch gleich hier.“

Weil meine Großeltern und Urgroßeltern bekannt für ihre ablehnende Haltung gegenüber der NSDAP waren, hatte man ihnen auch eine Spendendose hingestellt, mit der mein Uropa Geld für die „Partei“ sammeln sollte. Er hat sich geweigert.

Jene Osnabrücker Nazis, jene, die in der Nachkriegszeit wieder ganz normal ihren Geschäften nachgingen und glücklich mit ihrer Familie im Nachkriegs-Osnabrück lebten, haben wahrscheinlich auch dafür gesorgt, dass mein Opa 1944 als Vater von vier Kindern und Gärtnermeister (damit wichtig für die Versorgung der Bevölkerung) zur Wehrmacht eingezogen wurde und in der Normandie gefallen ist. Er wurde „nur“ als vermisst gemeldet, weil man keine sterblichen Reste fand. Es hat nie eine Bestätigung gegeben, dass er gestorben ist, noch gibt es ein Grabstätte. Meine Oma hat nie wieder geheiratet, weil sie bis zu ihrem Lebensende die Hoffnung hatte, dass ihr geliebter Philipp zurückkehrt.

Solche Berichte, die von Zivilcourage zeugen, wie ich sie gerne hätte, dürfen nicht in Vergessenheit geraten.

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Manchmal möchte ich nichts sein

Freitag, 8. Januar 2016 9:24

Manchmal möchte ich nichts sein

Nicht Mann, nicht Frau

Nicht Deutsch, schon gar nicht deutscher

Nicht schwarz, nicht weiß

Nicht laut, nicht leise

Nicht schlau, nicht dumm

Nicht groß, nicht klein

Nicht dick, nicht dünn

Einfach nur Mensch. Wie alle anderen.

 

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In diesem Moment denke ich …

Donnerstag, 24. Dezember 2015 18:29

… ganz besonders an Stephan. Aber auch an jedem anderen Tag.

Ich hoffe, es geht dir gut.

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Lasst mich doch in Ruhe eure Drecks-Werbung anschauen!

Mittwoch, 21. Oktober 2015 11:47

Mit das erste, was ich tue, wenn ich einen neuen Browser einrichte, ist es, Ghostery und einen Adblocker zu installieren. Zwar habe ich den Adblocker inzwischen größtenteils testweise ausgeschaltet, aber ersteren, den Tracking-Verhinderer eben nicht. Wenn mich Seiten aussperren, weil ich derlei Software nutze, ist das derzeit für mich in Ordnung. Denn, wenn ich irgendwo Eintritt zahlen muss, und es mir das Geld nicht wert ist, bleibe ich auch draußen.

Wenn mir aber jemand sagt, ich sei Asi und ich soll einfach alles abschalten bzw. derlei Software nicht nutzen und eben solche Seiten, die mir unpassende Werbung auf den Rechner liefern, nicht aufrufen, hat er die Funktion des Internets nicht verstanden. Denn, ich tippe ja nicht „weh weh weh Punkt chip Punkt deh eh“ ein, sondern ich folge einem Link entweder von einer Seite auf eine andere oder aus einer Suchmaschine. Wie auch immer. Jedenfalls sieht man oft genug gar nicht unbedingt, dass man eine solche Seite ansurft.

Aber was mich betrifft, ist die Optik der Seiten mit überbordender Werbung nur eines von zwei Problemen.  Ja, blinkende Werbung nervt oder auch der dauernde Hinweis jetzt aber mal schnell den super-duper-Newsletter zu abonnieren, dessen Wegklick-Button sich so schön transparent versteckt. Tatsächlich glaube ich, dass viele Seitenbetreiber inzwischen darauf achten, dass die Werbung nicht zu sehr nervt. Aber das ist eben nur die eine Seite der Medaille.

Ich verstehe ja nicht viel davon. Aber den Werbern ist ja wohl wichtig, dass man weiß, wer wie oft welche Werbung anguckt. Das „wie oft“ kann ich verstehen, aber bei dem „wer“ bin ich dann nicht mehr so einverstanden. Zum Abrechnen, aber auch für die vielgepriesene personalisierte Werbung werden Analyse-Techniken eingesetzt, die Seitenaufrufe zählen, woher man kommt, wie lange man bleibt und wohin man geht. Vielleicht möchte ich das aber gar nicht. Sorry, liebe Werbefinanzierten: Baut die Werbung, die ihr so dringend braucht, als euren, nicht hinzugelinkten, natürlich kenntlich gemachten Content in eure Seiten ein. Dann bekommt die Werbung jeder zu sehen, weil sie technisch nicht mal eben von anderem Content zu unterscheiden ist, aber lasst mich ansonsten mit eurer Spionage, die ihr angeblich als dringendes Mittel für eure Werbung benötigt, zufrieden.

Solange der Kompromiss nicht so aussieht: „Ich gucke mir eure Werbung an, aber ihr guckt mich dabei nicht an.“, werden wir keine Freunde. Wenn ihr das technisch nicht hinkriegen wollt, ist das nicht mein Problem. Müsst ihr halt sehen, wir ihr das anders mit euren Werbekunden abrechnet. Macht der Zeitungsverlag, der nicht weiß, wer wann wie oft in die Zeitung schaut, auch nicht. Oder der Plakatwerber doch auch nicht, jeden zu verfolgen, der das Plakat anguckt, wo er herkommt, wo er hingeht. Nur, weil das Internet eben diese Möglichkeiten bietet, meint ihr Werber und Werbefinanzierten, diese Techniken nutzen zu müssen. Geheimdienste machen ja auch alles, was technisch möglich ist.

Gern geschwungen wird an dieser Stelle ja von den Werbefinanzierten dann die „Umsonstmentalitäts“-Keule. Sowas gäbe es ja nicht, etwas kostenloses, das etwas wert ist. Bullshit! Schaut euch einfach mal um im Netz, wie viele Leute einfach aus Spaß an der Freude die tollsten Sachen aufschreiben. Das ist nämlich sowas ähnliches wie früher ™ z. B. ehrenamtliche Vereinsarbeit, wo Menschen einfach etwas zusammen auf die Beine stellen, weil sie Spaß dran haben. Geht mal in Kneipen mit „Open-Mic“-Veranstaltungen. Was meint ihr, was euch da für geniale Musik erwarten kann? Aber wer sich natürlich auch noch den kleinsten Pickel an seinem Arsch vergolden lassen will, kommt nicht darauf, dass es sowas noch gibt. Oder nimmt es vielleicht auch als selbstverständlich hin? So selbstverständlich, wie dem Straßenmusiker, den ihr gerade mit dem Handy gefilmt habt, nichts in seinen Hut zu legen? Es gibt sie eben doch, die Leute, die einfach etwas anbieten, ohne etwas zu verlangen. Der Musiker hört nicht auf zu spielen, auch wenn ihr ihm nichts gebt.

So. Und jetzt kratzt mal schön den „KEINE WERBUNG – AUCH KEINE UMSONST-ZEITUNGEN“ von eurem Briefkasten. Damit verhindert ihr ja auch Werbeeinnahmen und Minijobs. Bei uns werdet ihr den nicht finden. Und demnächst werde ich wieder für lau irgendwo stehen und Musik machen.

 

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Kristallnacht – Pogromnacht – Nazimordnacht

Samstag, 9. November 2013 17:59

Ich gehöre noch zu der Generation, die den 9. November als Jahrestag der „Kristallnacht“ kennengelernt hat. Ich war 12, als BAP den Song „Kristallnaach“ veröffentlicht hat. Das Wort „Pogrom“ kam in meiner schulischen Ausbildung nicht vor. Auch bei uns zu Hause hieß das „Kristallnacht“. Punkt.

Aus verständlichen Gründen – das Wort „Kristall“ hat ja eher eine positive Attitüde, man verbindet damit etwas Schönes und Wertvolles – ist der Begriff „Kristallnacht“ politisch nicht mehr korrekt. Das ist ok. Dennoch: Auch wenn „Kristall“ in meinem Sprachgebrauch positiv belegt ist, ist es bei „Kristallnacht“ das Gegenteil. Für mich ist es nicht die Verbindung aus zwei Wörtern, sondern ein einziges, das bei mir nur mit Abscheu, Leid und Schrecken verbunden ist. Das Wort „Pogromnacht“ hat bei mir bislang nicht den gleichen Stellenwert eingenommen. Es wirkt so sachlich distanziert. Ich bin dafür wohl nicht gebildet genug. Es löst bei mir kein Erschaudern aus, sondern geht gleichgültiger an mir vorbei als „Kristallnacht“.

Ich habe ein bisschen überlegt, was ein besseres Wort wäre: Judenmordnacht. Trifft es vielleicht ganz gut. Aber damit hat man nicht die vielen Opfern aus anderen Bevölkerungsgruppen des damaligen Deutschen Reichs erfasst. Vielleicht wäre Nazimordnacht gar nicht so schlecht. Gerade letzteres würde im Vergleich mit „Judenmordnacht“ im ersten Teil des Wortes die Opfer durch die Täter ersetzen. Aber funktioniert das Wort nicht trotzdem? Man spricht ja auch in Zusammenhang mit dem NSU/Tschäpe-Prozess von „Nazimorden“.

Mein Eindruck ist, dass man sich nicht trauen würde, in offiziellen Ansprachen ein Wort wie „Nazimordnacht“ zu verwenden. Darin schwingt nicht genügend Schlausprech mit, den man braucht, um die Seriösität zu transportieren, die ernsten Anlässen angemessen ist. Dennoch werde ich in Gedanken „Pogromnacht“ jetzt öfter mit „Nazimordnacht“ übersetzen. Was wäre den Menschen seit den 1930er Jahren bis heute erspart geblieben, wenn der Nationalsozialismus in jener Nacht sein Ende gefunden hätte.

Meine Gedanken sind nun bei allen Opfern rechtsradikaler Übergriffe.

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Weihnachtsschaufensterdiashowrätselgewinnspiel

Samstag, 12. Oktober 2013 12:59

Es muss so Anfang der 1980er Jahre gewesen sein. Ich wohnte damals in einem kleinen Städtchen südlich von Osnabrück. In dem Städtchen gab es einen Optiker- und Fotoladen. Der Optiker veranstaltete in jenem Jahr zur Weihnachtszeit ein Gewinnspiel. Das hatten wir – meine Eltern, Geschwister und ich –  auf adventlichen Abendspaziergängen entdeckt. Ich weiß nicht mehr genau, was man machen musste, aber so ungefähr war das folgendermaßen: Man musste aus einer Reihe von automatisch gezeigten Dias (nix da Powerpoint oder so) diejenigen mit heimischen Motiven notieren oder so.

Das machten wir dann auch. Und zwar ganz allein. Es stellte sich nämlich heraus, dass wir die Einzigen waren, die sich die Zeit genommen hatten, bei Schmuddelwetter vor dem Schaufenster zu verharren und die Diashow über sich ergehen zu lassen. Mit der Info, dass wir ja praktisch die gesamten Gewinne abgeräumt haben mussten – es gab Einkaufsgutscheine mit abgestuften Beträgen – machte ich mich gleich daran, zusammenzustellen, was mir so an Fotokram gefallen könnte (eine Brille trug ich damals noch nicht).

Die Gewinnausgabe verzögerte sich dann aber. Der Grund war, dass sich der Optiker das mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel irgendwie anders vorgestellt hatte. Und darum rückte er dann schließlich damit heraus, dass er noch 100 „Leerlose“ mit in die Lostrommel geworfen hatte. Unter den „Preisträgern“ hatten wir mit unseren 5 Losen dann nur noch einen einzigen hinteren Platz auf der Gewinnliste ergattert. Tolle Wurst. Meine Eltern haben dem Optiker dann gesagt, dass er sich das Geld in die Haare schmieren könne das Geld dem Roten Kreuz spenden soll (was ich irgendwie auch doof fand, so als 11 oder 12-jähriger).

Und wie komme ich darauf? Ganz einfach. Neulich auf dem Flohmarkt habe ich für schmales Geld die Kamera ergattert, die ich mir damals als „Hauptgewinn“ ausgesucht hatte. Eine Pentax Auto 110. Eine Spiegelreflexkamera mit Pocketfilmen, die kleinste SLR mit Wechselobjektiven. Ich hatte es eh immer mit kleinen Dingen, darum sprach mich diese Kamera besonders an, die nun in meiner kleinen Fotoraritätensammlung einen gewissen Ehrenplatz eingenommen hat. Bei dem Optiker habe ich, glaube ich, nie mehr etwas gekauft.

Asahi Pentax Auto 110

Thema: abgelichtet, Das Leben | Kommentare (2) | Autor: