Beiträge vom Februar, 2008

Was tun mit einem Bonanzafahrrad?

Montag, 18. Februar 2008 14:01

Fragen wir doch mal das Deutsche Technikmuseum Berlin.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe vor etlichen Jahren ein Göricke-Bonanzafahrrad geschenkt bekommen. Das hat nun schon einige Umzüge hinter sich gebracht. Bald steht der nächste Umzug an, und diesmal soll es nicht unbedingt erneut mit.

Das Fahrrad ist in gutem Zustand. Der Rahmen wurde fachmännisch orange lackiert. Es ist fahrbereit und funktionstüchtig. Als zeitgenössisches Zubehör ist ein VDO-„Käseeckentacho“ montiert. Natürlich hat es den Bananensattel und Mittelschalthebel.

Ich möchte fragen, ob Sie grundsätzlich Interesse an so einem Fahrrad als Leihgabe oder Schenkung (vielleicht gewürzt mit einem Paar Eintrittskarten) haben. Geld möchte ich dafür jedenfalls nicht, würde mich aber natürlich freuen, wenn die Chance besteht, dass es in die Ausstellung käme.

Wenn Sie grundsätzlich Interesse hätten, könnte ich mal ein paar Fotos schießen und zuschicken oder mit dem Rad vorbeikommen.

Mit freundlichen Grüßen

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EWG-Fahrzyklen: So fährt kein Schwein

Donnerstag, 14. Februar 2008 22:28

Mich hat schon lange interessiert, was eigentlich hinter diesen sagenumwobenen EWG-Fahrzyklen steckt, die auf die Richtlinienkennung 80/1268/EWG hören.

Bekannt war mir, dass sich der Praxisbezug eher in Grenzen hält. Viele Verbraucher fallen immer wieder darauf rein, dass sie meinen, ihr Pkw dürfe nicht (wesentlich) mehr verbrauchen, als sich aus den Testergebnissen ergibt, die von den Herstellern angegeben werden müssen. Vorweg nehmen kann man, dass die Testwerte allenfalls zum gegenseitigen Vergleich der Fahrzeuge untereinander taugen. Mit dem tatsächlichen Alltagsverbrauch haben sie oft nur entfernt etwas zu tun.

Schauen wir mal genauer hin. Ich habe die Daten, die ich so finden konnte, in Excel eingehackt, um den Verlauf eines Testzyklus grafisch darzustellen. Waagerecht ist die Zeit, senkrecht die Geschwindigkeit aufgetragen. Es gibt zwei Zyklen, einen für innerstädtischen, einen für außerstädtischen Betrieb. Der innerstädtische Zyklus dauert 190 Sekunden. Neben diversen Stillstandszeiten, in denen mal der Leerlauf, mal der 1. Gang eingelegt ist, und ein paar Abschnitten mit konstanter Geschwindigkeit, interessieren mich vor allen die Beschleunigungsabschnitte. Die Verzögerungen können wir außer Acht lassen. Da schaltet die Schubabschaltung die Kraftstoffversorgung ohnehin ab.
fahrzyklus-innerstadtisch.gif

Die Beschleunigungen gehen nicht über 1 m/s² hinaus. Nun sagt dieser Wert eigentlich außer ein paar Leuten wie mir nicht sonderlich viel, daher mal ein Beispiel:

Ich hatte mal eine(n) Citroen DS. Darin eingebaut hatte ich ein einfaches Beschleunigungsmessgerät. Im ersten Gang habe ich regelmäßig 3 m/s², im zweiten Gang 2 m/s² und im dritten Gang 1 m/s² erreicht. Dann war ich auf ca. 50 km/h. Man sieht also schon, dass die Beschleunigungen im Testzyklus sehr gering ausfallen. Mein Porsche, den ich danach hatte, hat den Zeiger im ersten Gang bis zum Skalenendwert von etwa 6 m/s² ausschlagen lassen. Viel mehr als 10 m/s² geht auch mit gewaltiger Motorleistung nicht, weil die Reifen die Kräfte meist nicht mehr übertragen können.

Für Unfallrekonstruktionen wurden Untersuchungen durchgeführt, mit welcher Beschleunigung der „Normalfahrer“ beschleunigt. Grob gesagt ist dabei herausgekommen, dass man mit einer Beschleunigung von ca. 2 m/s² anfährt, ziemlich unabhängig vom maximalen Beschleunigungsvermögen des Autos. Im Vergleich zum Normalfahrer wird der erste Beschleunigungsabschnitt also bereits mit nur der halben Beschleunigung gefahren. Wer nun sein altes Physikbuch herauskramt, kann feststellen, dass zum Erreichen der gleichen Geschwindigkeit mit der halben Beschleunigung auch nur die halbe Energie vonnöten ist (F=m*a; E=F*s=m*a*s). Damit haben wir also einen wesentlichen Grund gefunden, weshalb der Kraftstoffverbrauch in den Tests so gering ausfällt.

Was auch erwähnenswert ist, dass die erreichten Maximalgeschwindigkeiten nicht sonderlich hoch sind. Ich muss die Durchschnittsgeschwindigkeit des Testzyklus noch mal ausrechnen, aber da dürften so etwa 20 km/h herauskommen. Innerstädtisch kann man eher eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 30 km/h erreichen. Hier muss man wissen, dass zwischen Energie und Geschwindigkeit ein quadratischer Zusammenhang besteht. Das heißt, wenn man 40 km/h fährt, hat man die vierfache Energie inne, als wenn man 20 km/h fährt. Noch ein Grund gegen die Praxistauglichkeit der Zyklenwerte.

Werfen wir nun einen Blick auf den Fahrzyklus für außerstädtisches Fahren:

fahrzyklus-auserstadtisch.gif

Auch hier haben wir es in erster Linie mit sehr geringen Beschleunigungen zu tun, die wiederum hinter den realistischen Werten zurückfallen. Allerdings muss man zugestehen, dass mit höheren Geschwindigkeiten tatsächlich deutlich geringere Beschleunigungen erreicht werden. Aber was fällt besonders auf? Richtig, der Maximalwert von 120 km/h wird gerademal für 10 Sekunden eingehalten, also nur für 2,5% des Zyklus. Demgegenüber ist die Stillstandszeit mit 10% richtig gut vertreten. Gerade hierzulande ohne generelles Tempolimit auf Autobahnen ergibt sich außerdem eine große Diskrepanz zu den in der Praxis gefahrenen Geschwindigkeiten.

Und noch ein Letztes, was eher hinter vorgehaltener Hand kolportiert wird, ist die sogenannte Zyklenerkennung. Das ist eine einfache und geniale Methode, um den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren. Weil der zu durchfahrende Zyklus so streng festgelegt und realitätsfern ist, ist es für ein intelligentes Motormanagement kein Problem, zu erkennen, wenn ein solcher Zyklus durchfahren wird. Außerdem kann ein modernes Auto auch erkennen, dass es auf einem Prüfstand steht, wenn sich z. B. nicht alle Räder drehen oder der Beschleunigungssensor keine Beschleunigung wahrnimmt, obwohl die Räder angetrieben werden. Nun muss die Einspritzung nur noch auf ein besonderes Software-Programm umschalten und schon läuft der Motor zwar mit verminderter Leistung. Die Leistung wird aber ohnehin bei dem Zyklus nicht abgerufen, so dass es kein Problem ist, den Motor besonders „umweltfreundlich“ laufen zu lassen. Und schon haben wir einen weiteren Grund, weshalb es verdammt schwierig ist, in der Praxis jemals die Werte zu erreichen, die uns der Kraftfahrzeughersteller mit auf den Weg gibt.

So long.

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Rio Reiser live!

Sonntag, 3. Februar 2008 9:59

Ich hatte mir schon gedacht, dass die Stimme von Jan Plewka sehr gut passen müsste.

Sofort, als ich die Plakate hängen sah, war mir klar, da müssen wir hin! Jan Plewka, einige kennen ihn vielleicht noch aus seligen Zeiten, wollte ich immer schon mal live sehen, was in der Provinz leider nie geklappt hat. Tja, und irgendwann war er -zumindest für mich- erstmal von der Bildfläche verschwunden.

Jan Plewka singt Rio ReiserJetzt tauchte er also wieder auf mit einer Liedersammlungen eines der bedeutendsten deutschen (oder besser gesagt: Berliner?) Musikers Rio Reiser. Es sind die vielen Momente, wenn man die Augen schließt und Rio Reiser singen hört, macht man sie wieder auf, sieht man den charismatischen Jan Plewka.

Er versteht zusammen mit seiner Band (git, bass, drum, piano-sax-etc.), eine Stimmung zu erzeugen, die eine perfekte Mischung aus „der guten alten Hausbesetzerzeit“ und Interpretation der inzwischen Angekommenen darstellt. Neben mir stand ein Ton-Steine-Scherben-Fan, der natürlich bei allen Liedern textsicher war und nur darauf wartete, endlich Pogomäßig abzurocken. Er hielt sich sichtlich zurück, war der Saal ansonsten doch bestuhlt (!).

Das war auch oft ganz gut so. Klar, die rockigeren Nummern funktionieren mit einem sitzenden Publikum nicht wirklich. Darum gab es zum Ende noch eine Abhotte-Session. Aber gerade die Stimmung am Anfang, Jan kommt allein, nur mit Akustikgitarre, im Dunkeln von hinten die Treppe runter in den Saal, kann sich so entfalten. Naja, hätte sich richtig entfalten können, wenn nicht zehn Meter weiter an der Theke lautstark mit Bierkisten geklötert worden wäre. Das war schon etwas surreal. Dann hätte sich auch die Szene „Band geht mit Akustikinstrumenten durchs Publikum“ noch besser entfalten können.

Der Rauch-Haus-Song am LagerfeuerEin Highlight der Rauch-Haus-Song komplett unbestromt bis auf das elektrische Lagerfeuer, um das die Band auf der Bühne saß. Ohne Frage hat dieses Lied das insgesamt textsichere Publikum weitgehend allein gesungen, und so mancher hat sich wahrscheinlich insgeheim auf den Wogen der Wasserwerfer noch einmal durch Kreuzberg tragen lassen. Mein Favorit von Ton-Steine-Scherben „Der Turm stürzt ein“ wurde gleich in zwei Versionen, einmal im ersten Drittel und als Zugabe, gebracht. Jan sagte, dass es auch ihr Lieblingslied sei. Freut mich, habe ich den Song doch schon vor über 20 Jahren im Ex-Polizei-Passat meines Schulkameraden Patrick gehört!

Natürlich fehlten auch die vielen einfach schönen Lieder aus der Solo-Zeit von Rio Reiser nicht. „Für Dich“ war entweder gut inszeniert oder ist für eine Besucherin unvergesslich geworden, als Jan Plewka sie auf die Bühne bat, um dort gleich postwendend „über sie herzufallen“. „Junimond“ – selbst schon bestimmt hundert mal gesungen, kam mir als Reggaeversion bekannt vor, hatten wir das gleiche im Proberaum doch auch das ein- oder andere Mal so gespielt.

ja_plewka3.jpgSelten habe ich einen schöneren Konzertabend erlebt. Ich denke, viele von den Besuchern wollten Rio Reiser hören und wurden nicht enttäuscht. Ich wollte nicht nur Rio Reiser, sondern auch Jan Plewka hören (hätte mich nicht gestört, wenn er als Zugaben ein paar eigene Songs gebracht hätte) und wurde reich belohnt! Nicht gespielt hat man „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ und „König von Deutschland“. Ich glaube, gefehlt haben die beiden Titel nicht. Nach dem die Band das dritte oder vierte Mal nach dem Abgang auf die Bühne zurückkehrte, stimmte sie einen fluffig-groovigen Loop an, und Jan Plewka begann, sein Publikum per Handschlag zu verabschieden „Hast Du auch nichts liegenlassen?“. Danke.

Rio Reiser Texte findet man übrigens hier.

Nachtrag:

Ich hab auf meinem Handy noch ein paar Videos gefunden. Teils von der Bildqualität etwas psychedelisch.

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