Beiträge vom Oktober, 2020

Coronisch unterbelichtet #3 – Ich hab geahnt, wer die Zeche zahlt

Mittwoch, 28. Oktober 2020 11:04

Öffentliche Auftraggeber zahlen immer. Fragt sich nur wann und in welcher Höhe.

Derzeit haben wir mal wieder Stress mit der Berechnungsstelle. Sie kürzen uns die Bezahlung von Wegezeiten, obwohl das längst gerichtlich geklärt ist. Ich schicke den Gerichtsbeschluss per Mail und bekomme folgende automatische Antwort:

Der derzeitige Bearbeitungsstand beträgt durchschnittlich 2 MONATE.
Dieser wird regelmäßig aktualisiert und ist unter https://www.berlin.de/gerichte/amtsgericht-tiergarten/das-gericht/besucherinformationen/oeffnungszeiten/#ezds einsehbar.

Wir bitten von Anfragen zum Bearbeitungsstand bzw. von Mahnungen abzusehen, die in diesem Zeitraum liegen. Die Abarbeitung der Anträge erfolgt chronologisch nach Eingangsdatum in der Berechnungsstelle. Mahnungen führen nicht zu einer bevorzugten Bearbeitung.

2 Monate will man sich also Zeit für die Bearbeitung lassen. Wenn unsereins innerhalb von 3 Monaten seine berechtigten Ansprüche nicht geltend macht, bekommt man übrigens gar nichts. Merkwürdigerweise behaupten Gerichte neuerdings öfter, dass Rechnungen nicht angekommen sind. Wenn man dann erst nach 2 Monaten ne Mahnung rausschickt, kann das schon mal eng werden.  Danke für nichts.

Gleichzeitig erreicht mich heute die Nachricht, dass die seit fast 8 Jahren eingefrorenen Stundensätze nicht wie bislang geplant zum 1.1.2021 angehoben werden, sondern wegen der Steuerausfälle und Mehrausgaben um weitere zwei Jahre aufgeschoben werden könnten.

Die Haushalte der Länder müssen durch die Covid-19-Pandemie sowohl hohe Steuerausfälle bei den Steuereinnahmen als auch enorme Mehrausgaben zur Bekämpfung der Pandemie verkraften. Vor diesem Hintergrund ist es aktuell nicht vertretbar, für einzelne Berufsgruppen erhebliche Vergütungsverbesserungen herbeizuführen, deren Finanzierung sowohl die Länderhaushalte als auch die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft erheblich belasten. Im Hinblick darauf sollte Artikel 11 des Gesetzesentwurfes dahingehend geändert werden, dass das Gesetz vollumfänglich erst zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt.

Da lacht das Selbstständigen-Herz. Nicht. Immerhin hat es vor 2013 fast 20 Jahre gedauert, bis die Stundensätze angehoben wurden. Da sind wir noch gut dran.

Und uns geht es ja auch blendend im Vergleich zur Veranstaltungsbranche, Kneipen, Clubs etc. Das vergesse ich nicht. Das sind die, die wirklich die Zeche zahlen. Ich jammere nur auf hohem Niveau.

Nachtrag:

Und weil es so schön ist, habe ich auch noch ein Schreiben auf dem Tisch, wonach ein Gericht den Zeitpunkt der erbrachten Leistung eines am 30.6. fertiggestellten und verschickten Gutachtens auf den 6.7. legt (Eintreffen bei Gericht) und damit die Mehrwertsteuer von 19 auf 16 % kürzt. Da das ein durchlaufender Posten für uns ist, ist uns das eigentlich vollkommen egal. Es macht nur Arbeit, das hin- und herzubuchen. Wie wir allerdings wissen sollen, wie lange ein Gutachten unterwegs ist und wann es bei Gericht eintrifft, erschließt sich mir nicht. Interessant wird das noch mal für den Jahreswechsel, wenn die Mehrwertsteuer wieder auf 19 % zurückgedreht wird.

Thema: Ach geh mir wech, Das Leben, das Universum und der ganze Rest, Draußen nur Kännchen | Kommentare (0) | Autor:

Eine Frage zur Gleichbehandlung

Samstag, 17. Oktober 2020 16:25

Auf Twitter hab ich mir neulich mal wieder eine blutige Nase geholt. Worum es genau ging, weiß ich schon gar nicht mehr. Ach ja, doch: Angeblich haben nur Frauen das Recht, eine Meinung zu Abtreibung haben zu dürfen. Ich habe aber auch eine Meinung dazu (Frauen sollten selbst entscheiden dürfen). Die darf ich aber nicht haben, weil ich nicht gebärfähig bin (Dass nicht alle Frauen gebärfähig sind, spielte wiederum keine Rolle. Man darf als Mann darauf dann auch nicht aufmerksam machen). Naja. Das lief insgesamt eher unglücklich.

Ich habe die Tweets gelöscht. Das war von Anfang an mein Plan, wenn die Diskussion aus dem Ruder läuft, womit ich zu 90% gerechnet habe. Das ist immer so, wenn sich selbsternannte Gerechtigkeitsdurchsetzungsbeauftragte einschalten, insbesondere solche mit dem Hang zum Missverstehenwollen, der Twitter ja seit einigen Jahren anlastet.

Jetzt gibt es da wieder so einen Vorfall. Außer in meiner Echokammer weiß ich nicht, wo ich darüber schreiben soll. Da, wo es hingehört, nämlich in die ständige Redaktionskonferenz des Techniktagebuchs, traue ich mich nicht, es zu schreiben. Die Wahrscheinlichkeit, dass das nicht gut geht, liegt erfahrungsgemäß auch dort deutlich über 50%. Also, bleibt mir nur, es in meinem ureigenen Blog zu schreiben. Hier bin ich Herr und Hausmeister in einer Person.

Also, worum geht’s:

Es gibt von Kathrin Passig einen jüngst erschienen Beitrag im Techniktagebuch:

Das Michael-Rutschky-Gedenk-Multitool

(Übrigens, Michael Rutschky scheint auch eine bemerkenswerte Person gewesen zu sein, das nur nebenbei, siehe hier. Die in dem Artikel beschriebenen Mechanismen sind auch auf andere Kreise übertragbar und waren für mich in vielerlei Hinsicht sehr aufschlussreich. Darum geht es jetzt aber nicht.)

In dem Beitrag von Kathrin Passig im Techniktagebuch kommt folgender Satz vor:

„Männerkörper sind nämlich im richtigen Leben gar nicht wie der von John Wick.“

Ich habe mit dem Satz kein Problem. Er dürfte wohl absolut zutreffen. Was ich mich aber frage, ist, was passieren würde, wenn ich in einem Beitrag ungefähr folgenden Satz schrübe:

„Frauenkörper sind nämlich im richtigen Leben gar nicht wie der von Lara Croft.“

Ich vermute, da würde aber ein ordentliches Getöse aus absehbarer Richtung kommen. Vielleicht sogar zu recht. Aber kann dann Kathrins Satz unkommentiert so stehen bleiben?

Auf Twitter wurde mir nicht mal zugestanden, bei ähnlichen Problemen naiv oder unsicher sein zu dürfen. Nicht, nicht wissen zu dürfen, was angemessen ist. Ob es derzeit zumindest in Ordnung ist, Männer eher zu schelten als Frauen, weil sich das Rad jetzt mal andersrum dreht als in den letzten paar hundert Jahren? Vielleicht ist das ja richtig so. Unter Gleichbehandlung könnte man das zwar nicht subsumieren, aber vielleicht muss man es der versammelten Männerschaft eben erst mal einbimsen, damit sie lernt, wie sie sich zu verhalten hat.

Ich nehmen an, ich werde keine Antwort auf die Frage bekommen, die in sich nicht irgendeinen tadelnden Unterton hat, eine Kränkung oder eine Maßregelung. Damit werde ich dann wohl leben müssen. Ich finde den Satz übrigens überflüssig und nicht besonders witzig.

 

 

Thema: Draußen nur Kännchen, im Fluss, Wie getz? | Kommentare (2) | Autor: