Beitrags-Archiv für die Kategory 'im Fluss'

Blickkonditionierung auf Radfahrer

Donnerstag, 11. November 2010 8:19

Eben, als ich im Auto auf dem Weg zum Büro saß, habe ich eine interessante Beobachtung gemacht. Ich war so in Gedanken und dachte ein-, zweimal, dass da von links ein Radfahrer meinen Weg kreuzt. Irgendwie war dann da aber keiner, obwohl ich den Fuß schon auf der Bremse hatte.

Nun ist man morgens mit seinem Bewusstsein vielleicht nicht der Schnellste. Darum hat es etwas gedauert, bis ich realisiert habe, dass mir ein gekrümmtes Blatt, das ganz links am Rand auf der Scheibe klebte, mir suggerierte, dass da ein Fahrrad in mein peripheres Sichtfeld fährt:

Ich hab mal einen Radfahrer in das Bild hineingeferkelt. Ich finde es ganz interessant, auf wie wenig man schon reagiert. Denn, ein Radfahrer hätte durch die A-Säule verdeckt sein können, die bei meinem Auto nicht einmal besonders breit ist.

Das gibt einem besonders für die dunkle Jahreszeit zu denken, die in etwa sechs Wochen ihren Höhepunkt hat.

:shock:

Thema: im Fluss | Kommentare (2) | Autor:

Dem Inschinör ist nichts zu schwör!

Dienstag, 3. August 2010 17:15

Nicht einmal, sich selbst neu zu erfinden.

Wie die Zeit meldet, scheint es langsam, aber sicher eine Phalanx von Hochschulen bzw. Universitäten zu geben, die den Dipl.-Ing. wieder einführen will. Hier hat man ohne Not einen Studienabschluss über Bord geworfen, der weltweit einen hervorragenden Ruf genießt.

Wie konnte man nur so doof sein?

Damit verbunden ist allerdings dann wohl auch wieder das Problem, dass die Fachhochschul- und die Universitätsausbildung in einen Topf geworfen werden könnte, wo doch die früheren Fachhochschulen das „Fach“ fast durchgehend abgelegt hatten, wie auch so mancher Dipl.-Ing. (FH) unerlaubterweise.

Ich wünsche den hiesigen Studenten in Ingenieursstudiengängen jedenfalls, dass sie bald wieder einen gut klingenden Abschluss machen können.

Thema: im Fluss | Kommentare deaktiviert für Dem Inschinör ist nichts zu schwör! | Autor:

Brillenschlange, Brillenschlange!

Montag, 19. April 2010 20:20

Seit ich 10 oder 12 bin habe ich eine Brille im Gesicht. Mal groß, mal klein, mal ganz klein. Farben und Formen kamen und gingen. Und seit ich Auto fahre, habe ich dann auch noch eine Sonnenbrille. Wer keine Brille hat, kann das gar nicht recht nachfühlen, was das bedeutet: Man fährt in einen Tunnel: Brillenwechsel. Man fährt wieder raus: Brillenwechsel. Man geht in einen Laden: Brillenwechsel. Es wird dunkel: Brillenwechsel. Wo schon normale Brillen nicht ganz billig sind, können Sonnenbrillen noch eins drauflegen. Ich habe bislang wenig (ein bisschen aber doch) auf den Preis von Brillen geachtet, wenn mir die Teurere (mal wieder) besser gefiel, als die Billigere. Man läuft jeden Tag 16 Stunden oder mehr damit rum. Da ist es Quatsch, am falschen Ende zu sparen, solange es finanziell nicht zu sehr drückt.

Nun habe ich im letzten Sommer an der Ostsee die Brillengläser meiner Sonnenbrille verkratzt. Prima, wieder eine dreistellige Summe dahin (nein, die Billigtönung vom Billigoptiker gefällt mir nicht). Also habe ich gedacht: Probier es mal mit Kontaktlinsen. Dann kannste ne Sonnenbrille ohne geschliffene Gläser aufsetzen (oder anziehen, wie man tief im Westen sagt). Viermal bin ich nun beim Optiker meines Vertrauens gewesen, um passende Linsen auszumessen, auszuprobieren und zu üben, sie einzusetzen und wieder rauszupopeln.

Seit heute sind meine Linsen nun so, dass man mehr wohl nicht  machen kann: 100% Sehstärke sind halt ok. Eigentlich. Das Problem ist, wenn ich das richtig verstanden habe, die Hornhautverkrümmung. Da stoßen die Linsen wohl an ihre Grenzen. So ne Hornhautverkrümmung, wie ich sie habe, ist übrigens echt doof: Man hängt (ohne Wasserwaage) jedes Bild schief auf: Stehe ich davor, sieht es gerade aus, gehe ich 3 Meter zurück, ist es schief.

Nun bin ich son „Brillenputzer“: Ich lege Wert auf klare Sicht, will keine störenden Flecken, Fingerabdrücke oder sonstwas auf meinen Gläsern haben. Das ist mit so Kontaktlinsen ja vielleicht durchaus besser. Vor allem im Dunkeln bin ich gespannt. Da hat man aufgrund der Kratzer, die zwangsläufig auf Brillengläsern mit der Zeit entstehen, immer eine Corona um Lichtquellen.

Dummerweise habe ich aber eine hervorragend an meine Augen angepasste Brille: 120% Sehstärke (keine Ahnung, wonach sich das richtet, vielleicht nach irgendeinem Durchschnittswert). Ich kann auch noch mehr oder weniger problemlos beim Optiker die ganz kleinen Zeichen runterbeten. Und diese Sehstärke ist laut Auskunft des Optikers  mit meinen „krummen“ Augen mit Kontaktlinsen nicht zu erreichen.

Was meine Sehkraft ein bisschen schwächt, ist die Tatsache, dass ich nicht mehr genauso dicht „rangehen“ kann, wie früher. Aber von Weitsichtigkeit mit zu kurzen Armen bin ich noch meilenweit entfernt.

Tja, und nun überlege ich, wie es weitergeht. Auf den guten Visus, den ich mit Brille habe, möchte ich einerseits nicht verzichten. Andererseits möchte ich bei sonnigem Wetter vielleicht mal die Möglichkeit haben, eine Brille zu Hause lassen zu können. Jedenfalls habe ich die Linsen nun hier und werde auch mal ausprobieren, wie sich das bei längerem Tragen so macht. Eine weitere Möglichkeit wäre noch das Lasern der Augen. Man hört ja viel Gutes darüber. Nur ein befreundeter Mediziner (aber kein Augenarzt) riet mir davon ab. Es gäbe zu wenig Langzeiterfahrung damit. Naja, so dreißig, vierzig Jahre sollte ich ja schon noch schaffen. Und die Augen sind mir doch zu wichtig, als damit Experimente zu machen.

Daher: Mal sehen.:shock:

Thema: im Fluss | Kommentare (7) | Autor:

Grunau Baby IIb

Dienstag, 24. November 2009 22:16

Grunau BabyIch habe schon ewig einen Hang zur Fliegerei: Ob Modell oder manntragend: Egal. Das liegt wohl an einigen Kindheitserinnerung, war und ist ein Onkel von mir doch aktiver Privatpilot und hat uns, meine beiden Brüder und mich, des öfteren mal in einer Cessna 172, einer Piper PA28, Robin und wie sie alle heißen mitgenommen. Auch hatte er mal Anteile an einem offenen Doppeldecker, einer „Great Lakes“ Nachbau (D-EGPW). Das war natürlich das Größte, sitzt man als Passagier doch auch noch vorn!

Grunau BabyMein ältester Bruder ist seit ewigen Zeiten Segelflieger. Am Flugplatz Achmer gab es schon in den 1980er Jahren, ein paar Flieger, die sich mit Flugzeugoldtimer beschäftigten. Darum hat sich besonders ein Typ in mein Hirn eingebrannt: Das Grunau Baby II b D-5221.  Dieses Segelflugzeug ist seitdem für mich der Inbegriff des Vintage Gliders. Berühmt-Berüchtigt waren auch die jährlichen „Babytreffen“, zu denen sich Flieger aus ganz Europa mit ihren „Babys“ trafen. Ich war auch ein paar mal dabei. Erstaunlich, dass ich mich noch an das Treffen in Hoya an der Weser erinnern kann…

Grunau BabySeit ich aktiver Modellflieger bin, ist ein Grunau Baby latenter Wunschkandidat Nummer 1 bei Großseglern gewesen. An einen Eigenbau war aber mangels Zeit, Können und Ausdauer nicht zu denken, obwohl es von Krick sehr schöne Bausätze gibt. Nun habe ich eines. Und das ist leider in weiten Zügen eine tragische Geschichte.

In meinem damaligen Verein in der alten Heimat gab es etliche Modellbauer, die diese Bezeichnung wirklich verdient hatten. Vorne weg Christoph. Ein netter Kerl, der mit beiden Beinen im Leben zu stehen schien. Ich war noch nicht lange in Berlin, als mich ein anderer Vereinskamerad anrief und mir mitteilte, dass sich Christoph das Leben genommen hatte. Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Langsam erfuhr ich aber Details, die mir zeigten, dass er leider größere Probleme hatte, als einer wie ich hätte erkennen können.

Grunau BabyIm Laufe der letzten Monate wurde ein Teil seiner Flugzeuge verkauft. In erster Linie gingen seine Modelle an Vereinsmitglieder. Auf einem kurzen Umweg ist sein Grunau Baby, das ich schon ein paar Mal bewundert hatte, bei mir gelandet und hängt nun (erstmal) in meinem Büro. Es ist ein Modell im Maßstab 1:4, das wie das Achmeraner Baby in Holzoptik gehalten ist. Es hat ein paar „Gebrauchsspuren“, die mich nicht im geringsten stören. Im Gegenteil: Es zeigt seine Geschichte. Ich werde es mit Sicherheit in Ehren halten in Gedenken an meinen Fliegerkollegen. Ich hoffe, dass ich es mal schaffe, ein paar schöne Flüge mit dem „Baby“ zu machen, wobei ich dann meinen Gedanken nachhängen kann.

Thema: im Fluss | Kommentare (1) | Autor:

Mach's gut

Donnerstag, 13. August 2009 20:55

Les Paul

und danke für den Fisch.

Einer der Wegbereiter der E-Gitarre, vor allem der Solid-Body-Gitarre, ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Danke für die 6 Saiten, die die Welt bedeuten! Eine Stratocaster singt, aber die Les Paul cries fucking loud!

Thema: im Fluss | Kommentare deaktiviert für Mach's gut | Autor:

Beatbox Battle World Championship Ende Mai 2009

Montag, 4. Mai 2009 21:17

Schöner Mist! Da wollte ich doch so gern mal zu einer richtig genialen Beatbox-Veranstaltung, die die Beatbox Battle World Championship wohl werden dürfte, und ausgerechnet da habe ich sehr wahrscheinlich (es ist das Pfingstwochenende) keine Zeit.  Vor anderthalb Jahren hatten wir das Vergnügen, Bekanntschaft mit 4xsample zu machen. Die sind nun „unsere Jungs“ bei der World Championship. Wer Zeit hat, sollte sich das nicht entgehen lassen!

Thema: im Fluss | Kommentare deaktiviert für Beatbox Battle World Championship Ende Mai 2009 | Autor:

Geschichtsunterricht in Leipzig

Sonntag, 1. März 2009 21:35

NikolaikircheAm Samstag waren meine Teuerste und ich in Leipzig, um einen Kollegen und seine Familie zu besuchen, der kurz nach mir den Absprung von der Sachverständigen-Galeere in Münster gepackt hat. Wir hatten uns nachmittags im Zoo verabredet, so dass wir, weil früh genug losgefahren, noch Zeit hatten, die Stadt ein wenig zu erkunden. Schließlich war ich das erste Mal in Leipzig. Leider war das Wetter nicht sonderlich einladend, so dass wir uns von Passage zu Passage (gibt ja echt ne Menge und sehr schöne dazu!) gerettet haben. Wirklich eine nette Stadt.

Irgendwann kamen wir an der Nikolaikirche vorbei. Im Bewusstsein, dass von hier aus die friedliche Revolution ihren Ausgang genommen hatte, die letztlich zur Wiedervereinigung führte, sind wir spontan hineingegangen (Das erste Mal in einer Kirche seit meinem Kirchenaustritt, aber es war ja auch die andere, die gute Partei…).

NikolaikircheDrinnen angekommen fanden wir etliche Leute vor, die einem Menschen der Gemeinde lauschten, dem man die Begeisterung anmerkte, mit der er erzählte. Er rekapitulierte die Ereignisse vom Frühjahr bis zum Herbst 1989. Er war einer derjenigen, die seinerzeit die Montagsdemonstration mit organisiert hatten und schilderte eindringlich die Situation mit Stasi-Spitzeleien und Polizei-Geknüppel, Repressalien gegen einzelne und die Gewalt gegen viele.

Wir waren wirklich sehr bewegt. Denn durch die authentischen Schilderungen und die innere Begeisterung für das, was aus der Gemeinde hervorging, konnte man gar nicht anders als ergriffen sein. Er erzählte so lebendig, als wenn es gestern gewesen wäre.

NikolaikircheIch war damals, 1989, im Nachhinein irgendwie nicht richtig bei der Sache. Klar haben wir registriert, was da vorging. Aber irgendwie war mein Abitur und der Start in die Ausbildung doch vorrangig. ja und auch der Italien-Urlaub. Außerdem war der Osten weit weg und die DDR noch viel weiter.

So haben wir -rein zufällig- am Samstag eine lange fällige Geschichtslektion aus erster Hand erhalten. Ergreifend!

Thema: im Fluss | Kommentare deaktiviert für Geschichtsunterricht in Leipzig | Autor:

Two in one superduper double feature

Samstag, 17. Januar 2009 18:31

Zum Geburtstag hat meine Schwiegermutter eines meiner Aldi-Notebooks bekommen. 15″-Display, frisches XP aufgesetzt, alles aktualisiert, Virenscanner, schöne große Buchstaben und so. Jetzt haben sie auch DSL, das WLAN funktioniert, alles bestens.

Und worüber freut sich Schwiegermutter besonders? Dass das Teil an der Unterseite so schön warm wird. Das ist so angenehm auf dem Schoß, wenn sie mit dem Teil vor dem Fernseher sitzt. Ist das nicht süß? 😀

Thema: im Fluss | Kommentare (4) | Autor:

Ich hätte gern ein neues Internet.

Montag, 5. Januar 2009 21:47

Das alte (dieses hier) taugt nix mehr.

Und warum? Ganz einfach: Weil es wie alles Gute von den großen und kleinen skrupellosen Geschäftemachern zu Tode geschunden wurde.

Kleines Beispiel? Google. Ach, egal. Don’t be evil. Nimm halt irgendeine Suchmaschine und suche nach einem vorzugsweise materiellen Begriff. Nun erhältst du jede Menge Suchergebnisse. Kaufbörsen, Verbraucherbörsen, Verbraucherportale, Billigheimerseiten, e-Commerce hier, Dingens-Shop da, Produktvergleich, Preisvergleich, Rezensionen (wie sich das schon anhört!). Du wolltest eigentlich nur ein paar Informationen zu dem Begriff? Pech gehabt! Diese Information kannst du suchen wie die Stecknadel im Heuhaufen. Findest du etwas, das auf den ersten Blick nach Information aussieht, kannst du dir nicht sicher sein, ob da nicht jemand, der irgendwie irgendwo mitverdient, eine verdeckte Werbeanzeige geschrieben hat. Ach, es ist ein Blogger? Was heißt das schon. Sicherlich ist der von einem Konzern refinanziert oder versucht krampfhaft als Internethure sein Taschengeld aufzubessern. Die Perversion geht soweit, dass Leute damit ihr Geld verdienen, dass der Begriff, den sie vertreten, möglichst weit oben in der Trefferliste steht. Modernes Klinkenputzen eben. Verwerflich ist das nicht. Eher zwangsläufig.

Neuerdings ist ja nicht nur alles web2.0, sondern auch noch social. Social network, social media, social commerce. Social- dass ich nicht lache! Nichts als klare Geschäftsinteressen stehen dahinter. Niemand betreibt so eine Plattform ohne Eigennutz. Manchmal findet man noch jemanden, der einen Haufen Zeit darin investiert, dass andere ihren Spaß haben, sich mit ihrem Hobby auseinandersetzen oder Erfahrungen austauschen können. Gerade im unkommerziellen, eher handwerklichen Hobbybereich findet man das öfter als dort, wo das Hobby fest mit dem Kommerz verbandelt ist. Allerdings hat man es dann meistens mit Profis zu tun, die es verstehen, die „social“ Komponente in ihren Kommerz einzubinden. Dort, wo man weniger internet-affin ist, trifft man  eher auf einfacher gestrickte Zeitgenossen, die nicht checken, was ihnen schadet und was ihnen nützt.

Und warum ich das alles schreibe? Weil ich zu doof bin, daran mitzuverdienen. Man benutzt meine flickr-Fotos kommerziell, ohne dass ich mich dagegen wehre. Man verschwendet meine Zeit als Streitschlichter, der versucht hat, es allen recht zu machen. Jetzt bastele ich an einer informativen Internetseite, schreibe irgendwelche Reparaturanleitungen und bin zu blöd, daran zu verdienen, dass jemandem damit geholfen wird. Andere haben gar kein Problem damit, ihr Wissen zu verkaufen, für ihre Leistung Geld zu verlangen und geben sich schon gar nicht mit undankbaren Zeitgenossen ab.

Die Erfolgsgeschichte des Internet ist untrennbar mit denjenigen verbunden, die gegen alle Widerstände und nicht zu ihrem persönlichen Gewinn, sondern aus Idealismus und vielleicht auch mal ein bisschen aus Eitelkeit ihre Zeit geopfert haben, um Wissen zu mehren und anderen zu helfen. Wenn es nicht bald ein neues Internet gibt (womit nicht zu rechnen ist), kapituliere ich. Dann hat der Kommerz auch über mein soziales Engagement gesiegt. Vor denjenigen, die unermüdlich bei der Stange bleiben, ziehe ich meinen Hut.

So long.

Thema: im Fluss | Kommentare (35) | Autor:

Nach reiflicher Überlegung: Heide

Dienstag, 9. Dezember 2008 12:17

Ein jahrelanger Entscheidungsprozess meinerseits hat gestern beim Amtsgericht Berlin-Lichtenberg sein Ende gefunden. Nach nicht ganz 39 Jahren habe ich eine unfreiwillig begonnene Mitgliedschaft beendet. Ich bin aus der Kirche ausgetreten.

Ganz nach Familientradition wurde ich ein paar Wochen nach meiner Geburt katholisch getauft. Das hat mich damals wohl nicht weiter gestört. Auch in den Jahren danach hat mich, außer einige zu lange Predigten, der regelmäßige Kirchgang mit meinen Eltern nicht großartig negativ berührt. Schließlich gehörte es zum Alltags- oder besser Wochentrott, falls es das Wort gibt, regelmäßig in die Kirche zu gehen. So bin ich zur Erstkommunion gekommen und auch gefirmt worden.

Das Gemeindeleben führte dazu, dass ich viele nette Leute meiner Altersgruppe über die Schulkameraden hinaus kennenlernte und so nicht nur die ein oder andere Jugendgruppe besuchte, sondern mich auch aktiv in der Jugendarbeit einbrachte. Kein Osterfeuer war seitdem vor mir und meiner Gitarre sicher. Überhaupt waren es natürlich die hohen Feiertage, vor allem Ostern und die Zeit davor, in der am meisten los war. Aber auch den regelmäßigen Jugendtreff einmal in der Woche habe ich meistens besucht. Schließlich war ich auch noch in der Redaktion des Gemeindeblättchens tätig. Ein Highlight war sicher auch die Fahrt nach Schweden zu einer 3-wöchigen Kanutour. Allerdings ließ schon damals die Frequenz der Kirchgänge extrem nach. Insgesamt war ich in meiner Jugend damit sicherlich einer der Aktiveren in der Gemeinde.

Ein Einschnitt war ohne Frage mein Studienbeginn in Hannover. Dort neue Leute in irgendeiner Gemeinde kennenzulernen, brauchte ich nicht. Es gab ja genug Kommilitonen. Und das „Katholische“ fehlt mir dann auch nicht unbedingt. So gingen die Jahre ins Land, ohne dass ich mal wieder zum eigentlich Sinn des Betens oder für einen Gottesdienst in der Kirche war.

Zwischenzeitlich hat sich die Amtskirche auch nicht gerade in die Richtung entwickelt, die mich zu einer gewissen Linientreue hätte bewegen können. Allein schon so komische Regeln wie, dass man z. B. in Italien Kirchen nicht in kurzen Hosen besuchen durfte und darf, führten bei mir nicht nur zu Unverständnis, sondern auch dazu, dass ich mir vorm Vatikan kurzerhand die mitgebrachte Schlafanzughose überstreifte, mit der ich ohne Schwierigkeiten in den Petersdom gelangte.

Aber das sind letztlich nur Banalitäten im Vergleich zu den großen Themen, die die katholische Kirche immer mal wieder aufs Tapet bringt. Sei es Verhütung, Sex vor der Ehe, die Einstellung zur Homosexualität oder auch der Zölibat. Alles das ließ sich mit meinem „aufgeklärten“ Weltbild nicht in Einklang bringen. Diese Themen sind nun aber so komplex, dass ich das hier nicht weiter ausbreiten will. Die Stellung der katholischen Kirche zu diesen Punkten ist in meinen Augen nicht nur nicht mehr zeitgemäß, sondern teilweise auch menschenverachtend.

Mit Beginn der Berufstätigkeit kam dann die Kirchensteuerpflicht. Man kann sich gedanklich von der katholischen Amtskirche entfernen, aber man muss deswegen noch lange nicht austreten. Und so habe ich brav jahrelang meine Kirchensteuer abgetreten. Inzwischen bin ich seit meinem Umzug nach Berlin an einem Punkt angelangt, dass ich nicht einmal mehr weiß, an welche Gemeinde der (wahrscheinliche unbedeutende) Teil meiner Steuern fließt. Im Gegensatz zu der evangelischen Gemeinde, der nun meine Chefin angehört, habe ich keine Ahnung, in welche Kirche ich gehen müsste. Die könnten sich ja auch mal bei mir melden, finde ich.

An dieser Stelle kann man zurecht einwenden, dass ich ja aus der katholischen Kirche aus- und in die evangelische eintreten könnte, um mich nicht an dem zu bereichern, was bislang (zumindest teilweise) einem guten Zweck zugeflossen ist. Denn ich verkenne nicht die wichtige, karitative Arbeit, die die Gemeinden leisten. Andererseits sehe ich keinen Grund dafür, dass von meinen Kirchensteuergeldern irgendwelche Zinnen vergoldet werden. Letztlich trage ich ja doch durch gemeinsame Steuerveranlagung weiterhin mein Scherflein bei. Dem ist nicht so leicht zu entkommen.

Mit meiner Schwägerin hatte ich zum Thema Kirchenangehörigkeit neulich eine längere Diskussion, die es wörtlich „arm“ fände, aus der Kirche auszutreten. Man muss dazusagen, dass ihr der Glauben und die Kirche sehr viel bedeuten. Ich achte das auch, denke allerdings, dass ich eine christliche Einstellung zum Leben und zu meinen Mitmenschen nicht von der Zugehörigkeit zu einer Amtskirche (dieser Begriff allein schon…) machen muss. Nächstenliebe und gegenseitige Achtung sind Begriffe, die mir keineswegs nun auf einmal fremd sind. Ich bin mir sicher, dass sich durch den Kirchenaustritt meine Einstellungen in sozialen Dingen kein bisschen ändern. Der Vorteil ist vielleicht sogar, dass ich mich nun nicht mehr für irgendwelche komischen Sprüche des Papstes oder einiger deutscher Bischöfe, da gibt es ja auch ganz verschrobene Typen, rechtfertigen muss, was einem als Katholik ja mit schöner Regelmäßigkeit widerfährt. Jedenfalls fühle ich mich nun ganz wohl in meiner Haut als Agnostiker.

Wer aus der Kirche austreten will, muss zu seinem nach Wohnsitz zuständigen Amtsgericht gehen und seinen Personalausweis mitbringen. Verheiratete (so wie ich) benötigen zusätzlich eine Heiratsurkunde (meistens im Stammbuch der Familie). Einen Termin muss man vorher wohl nicht machen. In Amtsgerichten herrscht im Allgemeinen nicht gerade überbordende Betriebsamkeit.

So long.

Thema: im Fluss | Kommentare (6) | Autor: